Jesuiten 2013-4

Einfach glauben? Vom (Glaubens-)Mut, Fragen zu stellen Es ist wie beim Optiker, auf der Suche nach dem passenden Glas: Besser oder schlechter? Stärker oder schwächer? Heller oder dunkler? Klarer oder unklarer? Mit den „Augen des Glaubens“ (Pierre Rousselot SJ) können wir Dinge, Ereignisse, Fakten tiefer und anders sehen, anders deuten und anders interpretieren. Niemand ist – heute – zu dieser Einsicht gezwungen. Dahinter steckt indes eine Erfahrung – die Erfahrung derer, die davon Zeugnis geben: Glauben bereichert. Glauben verändert. Glauben motiviert. Glauben riskiert. Glauben eröffnet Perspektiven. Glauben – macht sehend. Glaube muss auskunfts- und anschlussfähig sein. „Rechenschaft“ (griech. apologia) zu geben „von dem Grund der Hoffnung, der uns trägt“ (1 Petr 3,15) gehört dazu. Katechismuswahrheiten zu repetieren, genügt nicht. Wer jedoch nicht nach ihrem Lebens- und Erfahrungsgehalt fragt, wiederholt nur Sätze, die inhaltslos bleiben. Denn es gibt auch einen „Katechismus des Herzens“ (Karl Rahner SJ): der Kanon der Lebensfragen, der oft ganz andere Fragen bereit hält. „Wer glaubt, fragt“ – knapper und präziser formuliert als in diesem Titel von Gabriela Grunden aus der Reihe „Ignatianische Impulse“ (2010) geht es nicht. Glauben bedeutet fragen, nachfragen, in Frage stellen – und sich in Frage stellen lassen. Das ist etwas anderes als die oft unbewusste, weit verbreitete Erwartung, der Glaube möge sämtliche Lebensfragen lösen, über Schlimmes (mühelos) hinweghelfen, in Krankheit, Elend und Katastrophen weiterhelfen. Glauben imprägniert nicht gegen das Leid. Er verschont nicht davor. Glauben ist gerade kein Versicherungsabschluss mit Blankovollmacht für ein gelingendes Leben. Unruhe und Wagnis gehören dazu. Es gibt keinen „beruhigten“ Glauben in der Hängematte des Lebens. Glauben heißt: vordergründige Plausibilitäten befragen. Wieder und wieder, so können wir in der Bibel sehen, hat Gott Menschen herausgefordert, sich ganz auf ihn zu verlassen. Aus grenzenlosem Vertrauen heraus haben sich Lebensgeschichten gewendet. Es gilt, die „Unterscheidung der Geister“ zu lernen, eine „Hierarchie der Wahrheiten“ zu berücksichtigen, wie zuletzt Papst Franziskus in einem langen Gespräch mit Antonio Spadaro SJ betont hat. Viele wollen heute auch wissen: Wie geht das – glauben? Immer schon galt die Unterscheidung zwischen dem Glaubensakt bzw. dem Glaubensvollzug und dem Glaubensinhalt: dem Glauben, mit dem geglaubt wird (lat. fides qua creditur) und dem Glauben, der geglaubt wird (fides quae creditur). 2 Schwerpunkt Jesuiten n November 2013 n Glauben

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