Jesuiten 2014-1

„Da stieg er schnell herunter und nahm Jesus freudig bei sich auf.“ (Lukas 19,6) Während Zachäus heruntersteigt, fragt er sich noch: Weiß der, wen er ruft? Aber dann freut er sich einfach und bereitet ein Fest, dass die Balken sich biegen. Das Fest der Sünder Ich bin überzeugt: Es ist echt und nicht das in kirchlichen Kreisen weit verbreitete Geschwätz, eine leere Phrase, die gefallen will. Papst Franziskus meint, was er sagt, da steckt kein Kalkül dahinter. Auf die Frage meines Kollegen Antonio Spadaro SJ von der Jesuitenzeitschrift „La Civiltà Cattolica“: „Wer ist Jorge Mario Bergoglio?“ folgte zuerst ein schweigender Blick. Und dann, frank und frei: „Ich bin ein Sünder.“ Der Papst: ein ganz normaler Mensch wie ich – ein Sünder? Das liest man nicht gerade täglich. Vielleicht hören wir deswegen (noch) hin. Lernen wir daraus? Was löst das bei mir aus? „Ich bin ein Sünder, den der Herr angeschaut hat“: Die Wiederholung ist Eingeständnis und Bekenntnis. Nur auf meine Abgründe festgelegt zu werden – das hielte ich gar nicht aus, engherzig und skrupulös, wie ich auch sein kann, böse, falsch, aggressiv. Aber mich trotzdem angeschaut zu wissen und anerkannt fühlen zu dürfen – das tröstet, es richtet auf, holt mich auf den Boden der Wirklichkeit herunter: Ich bin in Jesu Blickfeld, darf ihm auf Augenhöhe begegnen, obwohl ich ein immer wieder strauchelnder, sündiger Mensch bin – und bleibe. Und als solcher ruft Jesus mich. Der heutige Papst war 1974/75 in Rom als blutjunger Provinzial auf der 32. Generalkongregation der Jesuiten dabei. Im dort verabschiedeten Dekret 2 heißt es: „Was heißt Jesuit sein? Erfahren, dass man als Sünder trotzdem zum Gefährten Jesu berufen ist.“ Auf dieses „trotzdem“ kommt es an. „Wir sind Menschen unter Spannung … Wir sind klein, wir sind Sünder, wir sind Egoisten, aber trotzdem wollen wir ein Leben der großen Sehnsüchte leben“: Auch diese Worte stammen vom Papst. Der Realität des Lebens lässt sich nicht ausweichen. Verdrängen ist eine Weise, damit umzugehen, sich verstellen, unbarmherzig, hart werden – all das ist Christen nicht fremd. Wir sind „Sünder“. Die Glaubwürdigkeit der Kirche hängt auch damit zusammen, ob wir uns den Zwiespältigkeiten des Lebens stellen. Die Alternative ist Hochmut und Scheinheiligkeit. Gott vergibt dem Sünder, der einsieht und umkehrt. „Ich bin ein Sünder, den der Herr angeschaut hat.“ Ohne diesen Blick hätte ich keine Chance. Und könnte kein Leben der großen Sehnsüchte führen. Andreas R. Batlogg SJ 13 Jesuiten n März 2014 n Zachäus

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