Jesuiten 2014-2

Luther und Ignatius im Wortlaut Ordensmann, Priester und geistlicher Lehrer: Damit ist sowohl der AugustinerEremit Martin Luther (1483–1546) wie auch Ignatius von Loyola (1491–1556) zu charakterisieren. Beide wussten den überlieferten Glauben radikal auf ihre eigene Person zu beziehen und viele Menschen zu einem intensiven geistlichen Leben anzuleiten. Die folgenden Zitate mögen einen kleinen Eindruck davon vermitteln. Sie finden sich in den „Geistlichen Übungen“ von Ignatius und in der Weimarer Ausgabe der Werke von Martin Luther. Wozu der Mensch geschaffen ist Wir können Gott nichts anderes geben als Lob und Dank, zumal wir alles andere von ihm empfangen, es sei Gnade, Wort, Werk, Evangelium, Glaube und alle Dinge. Der Mensch ist geschaffen, um Gott unseren Herrn zu loben, ihm Ehrfurcht zu erweisen und zu dienen und mittels dessen seine Seele zu retten; und die übrigen Dinge … sind für den Menschen geschaffen und damit sie ihm bei der Verfolgung des Ziels helfen. Indifferenz Unser Herrgott hat alles zum Genuss und Gebrauch gegeben, nicht aber zur Anbetung und zur religiösen Verehrung. Darum brauche das Brot, den Wein, die Kleidung, den Besitz, das Geld usw., doch setze nicht dein Vertrauen darauf und rühme dich nicht dessen. Denn rühmen soll man sich allein Gottes und auf ihn vertrauen. Ihm aber gebührt die Liebe, die Furcht und die Verehrung. Deshalb ist es nötig, dass wir uns gegenüber allen geschaffenen Dingen in allem, was der Freiheit unserer freien Entscheidungsmacht gestattet und ihr nicht verboten ist, indifferent machen. Wir sollen also nicht unsererseits mehr wollen: Gesundheit als Krankheit, Reichtum als Armut, Ehre als Ehrlosigkeit, langes Leben als kurzes; und genauso folglich in allem sonst, indem wir allein wünschen und wählen, was uns mehr zu dem Ziel hinführt, zu dem wir geschaffen sind. Üben Dies Leben ist nicht ein Frommsein, sondern Frommwerden, nicht ein Gesundsein, sondern Gesundwerden, nicht ein Sein, sondern Werden, nicht Ruhe, sondern eine Übung. Denn wie das Umhergehen, Wandern und Laufen leibliche Übungen sind, genauso nennt man »geistliche Übungen« jede Weise, die Seele darauf vorzubereiten und einzustellen, alle ungeordneten Anhänglichkeiten von sich zu entfernen und, 8 Schwerpunkt Jesuiten n Juni 2014 n Ignatius und Luther

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