Jesuiten 2014-2

Der Beitrag von Ignatius und Luther zur Konfessionalisierung Das späte Mittelalter war religiös betrachtet alles andere als eine einförmige Größe. Dem Verfall in Sitte und Moral in weiten Kreisen der spätmittelalterlichen Gesellschaft stand die Ausbreitung tiefgreifender Frömmigkeitsformen gegenüber. Dazu zählten die neu aufkommenden Reformbewegungen. Volksprediger der großen Reformorden belebten nicht nur die Klöster, sondern durchdrangen auch das Leben in den Städten. Zahlreiche Amtsträger der Kirche gehörten zu den Exponenten dieser Erneuerungsbewegungen. In Spanien kam es im Ausgang des Mittelalters zu einer geistig wie religiös motivierten Blüte des kirchlichen Lebens. Die Gründung des Jesuitenordens in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts durch Ignatius von Loyola ist hierfür ein Beispiel. Die in Deutschland sich verbreitende Wittenberger Reformbewegung ist von der Person und dem theologischen Werk Martin Luthers zutiefst geprägt. Im Kern als ein geistiger und religiöser Vorgang verstanden, greift die Reformation in ihrem weiteren Verlauf nach 1525 auf Politik, Gesellschaft und Staat über. Damit lässt sie sich auf die Person Martin Luthers und sein Reformanliegen allein nicht beschränken. Zu den Hauptvorgängen dieses sich schließlich zur Reformation auswirkenden Zeitalters gehört die Herausbildung konfessionell verschiedener Kirchen. Dieser Prozess der Konfessionsbildung betraf ebenso politische, gesellschaftliche wie kulturelle Lebensbereiche. Die Konfessionalisierung führte schließlich zu einer geistigen und organisatorischen Verfestigung auseinander strebender christlicher Bekenntnisse, in Glaube, Lehre, Verfassung und religiössittlicher Lebensform. Diese Entwicklung streng gegeneinander abgegrenzter Konfessionen wird mit Luther, schärfer noch mit Calvin, und auf der anderen Seite mit Ignatius von Loyola und dem Jesuitenorden verbunden. Martin Luther (1483–1546) und Ignatius von Loyola (1491–1556) waren zwar Zeitgenossen, doch haben sie sich nie kennengelernt. Während Luther von Ignatius nichts wusste, soll Ignatius von Luther gehört haben. Die von Deutschland ausgehende Reformation erschien ihm allerdings beunruhigend und zerstörerisch. Ignatius blieb dagegen lutherischen Theologen lange Zeit unbekannt. Vor den Jesuiten wurde freilich schon lange gewarnt. Sie seien dazu da, den Protestantismus auszurotten. Ignatius und Luther wurden in den jeweiligen konfessionellen Selbstdarstellungen konträr zueinander beschrieben. So wurden sie zu Exponenten der jeweiligen Konfessionen stilisiert. Damit trugen sie die Last einer konfessionalistischen Deutung der Konfessionen. 6 Schwerpunkt Jesuiten n Juni 2014 n Ignatius und Luther

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