Jesuiten 2014-3

Die Radikalität der Hingabe In Syrien herrscht Bürgerkrieg. Kann man in einem solchen Zusammenhang positiv über Radikalität schreiben? Ausgehend von friedlichen Protesten hat sich der Konflikt radikalisiert in einem blutigen Krieg, der heute an vielen Fronten von fanatischen Gruppen geführt wird, die nicht einmal aus Syrien stammen. In einem solchen Kontext positiv von „Radikalität“ zu sprechen, ist nur möglich, weil es „die Anderen“ gibt. Die, die sich um die Millionen Flüchtlinge und Vertriebenen kümmern. Unter ihnen sind auch Jesuiten und der Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS). Die Jesuiten und der JRS in Syrien leben ein radikales Programm, nämlich zu dienen, zu begleiten und zu verteidigen. Wir verstehen unsere Arbeit für die Flüchtlinge als ein ihnen Dienen, was verschiedene Formen annehmen kann: Von Schulunterricht bis hin zu der Versorgung mit gekochten Mahlzeiten. Dabei sind wir ganz nah bei den Menschen und versuchen, ihr Leben zu teilen. Ausgehend von diesen Werten ist es möglich, positiv von einer „Radikalität“ der Hingabe zu sprechen. Radikalität braucht Werte, bei denen der Mensch im Mittelpunkt steht. Für Pater Frans van der Lugt SJ waren das die Menschen in Homs, mit denen er bis zum Schluss ausharren wollte. So blieb er auch dann, als ihm freier Abzug aus der belagerten Stadt angeboten wurde. Er wurde ermordet, und in seinem Sterben war er wieder bei all den anderen unschuldigen Opfern dieses Krieges. Für uns ist er ein Vorbild in seiner Radikalität, in der er sich für Gott und die Menschen hingegeben hat. Neben Werten und Vorbild braucht Radikalität auch Begleitung. Viele unserer Mitarbeiter haben zu Beginn des Konflikts demonstriert und spielten mit dem Gedanken, auch zu den Waffen zu greifen. In langen Abenden gelang es manch einem Jesuiten, die jungen Männer für die Werte des JRS zu begeistern. Heute riskieren viele von ihnen jeden Tag ihr Leben für die Flüchtlinge. Aber ist „Radikalität“ nur etwas für Menschen im Kriegsgebiet? Wohl kaum, denn auch im Hintergrund braucht es die gleichen Werte und Einstellungen und am Ende auch Radikalität, wenn die Arbeit gelingen soll. Radikale Hingabe mit Werten, die den Menschen in den Mittelpunkt stellen; radikale Hingabe, die sich formen lässt und sich an Vorbildern orientiert; radikale Hingabe, weil ich gemeint bin und kein anderer; radikale Hingabe weil es sich lohnt. Und so kann man dann auch im JRS arbeiten und den ganzen Tag Büroarbeit erledigen, ohne einen einzigen Flüchtling zu treffen. Radikale Hingabe ist nicht nur etwas für Helden. Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) 8 Schwerpunkt Jesuiten n September 2014 n Radikal

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