Jesuiten 2014-3

Die Radikalität des Ignatius Ignatius war immer schon radikal. Das hat er in Pamplona vor dem Feind bewiesen, ebenso auf dem Krankenlager. Seine erste Bekehrung vollzog sich eher undramatisch. Es war die unterschiedliche Wirkung, die die Lektüre frommer Bücher und die Träumereien von Rittergeschichten in ihm hinterließ. Aber diese erste Bekehrung brachte noch keine tiefgreifende Wandlung. Sie war eine radikale inhaltliche Umorientierung, aber sie ging nicht an die Wurzel. Ignatius hatte die weltlichen Ziele mit geistlichen vertauscht. Die Motivation blieb dieselbe: Sich auszeichnen und dadurch Ehre gewinnen. Erst in Manresa vollzog sich die tiefere Wandlung. Das extreme Büßerleben, das er dort führte, umfasste auch häufige Beichten. Er wollte sich von seinem früheren Leben befreien. Damit scheiterte er. Immer wieder fand er, noch nicht alles gebeichtet zu haben. Quälende, zerstörerische Skrupel bemächtigten sich seiner. Er musste seine Ohnmacht erkennen, wurde suizidgefährdet und konnte nur noch kapitulieren. So hat er erfahren, dass nur Gott den Menschen retten kann. Nicht sich durch Buß- oder Tugend-Leistungen auszeichnen, ist der Wille Gottes, sondern sich Gott bedingungslos zu überlassen. Ignatius hat die Gefahr erkannt, die mit der Radikalität einhergeht: Sie als Machthebel zu benutzen, um größeren geistlichen Selbstwert zu erlangen. Jetzt hatte die Gnade die Wurzel erfasst. Von da an konnte ihn Gott mit mystischen Geschenken überhäufen. Doch dauerte es noch etwa 16 Jahre, bis er die Form von Radikalität gefunden hatte, die Gott von ihm wollte. Dabei wurde die konkrete Kirche seine Schule. Durch die Exerzitien geriet er in Konflikt mit der kirchlichen Autorität. Der Streitpunkt war: Wird durch diese Übungen, die den Einzelnen in eine unmittelbare Beziehung mit Gott führen, die Kirche nicht überflüssig? Acht Inquisitions-Prozesse musste er durchstehen. Aus allen ging er entlastet hervor. Seine Bereitschaft, sich der kirchlichen Autorität zu unterwerfen, überzeugte die Richter. Die Radikalität hat sich nach innen verlagert. Statt äußerer Askese wählte er den Gehorsam als Abschied von allem eigenmächtigen Verfügen über sich. Deshalb ist ihm in den Satzungen des Ordens die Transparenz des Einzelnen gegenüber dem Obern so wichtig. Ignatius will den Jesuiten als einen, der geführt vom Heiligen Geist Initiative ergreift. Die Offenheit, die dem Obern Einblick gewährt in die eigenen Motive und ihn so einbezieht in die Unterscheidung der Geister, ist dabei gleichsam das Seil, das den Einzelnen bei der gefährlichen Kletter-Partie sichert. Sie kennzeichnet die Nachfolge Jesu in der Gesellschaft Jesu. Alex Lefrank SJ 9 Jesuiten n September 2014 n Radikal

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