Jesuiten 2014-3

Die Radikalität der Liebe Liebe und Radikalität Das scheint eine Paarung zu sein, die mich zunächst zurückschrecken lässt. Macht radikale Liebe nicht blind? Ist sie nicht sogar gefährlich? Braucht Liebe nicht eine Mäßigung durch die Vernunft? Und doch: Liebe ist irgendwie radikal. Die Vorstellung einer Liebe mit angezogener Handbremse hinterlässt einen faden Geschmack. Liebe hat etwas mit der Sehnsucht nach vollständiger Hingabe zu tun, mit Risiko. Liebe ergreift uns ganz, sie erfordert den ganzen Menschen. Irgendeine Form von Radikalität scheint zum Wesen der Liebe zu gehören. Was es braucht, ist also ein Verständnis von Liebe, das zum einen ihrer Radikalität Rechnung trägt, aber zum anderen in dieser Radikalität auch Liebe bleibt. Liebe ist radikal, aber eben auch eine liebende Radikalität, sonst ist sie keine Liebe mehr. Was das konkret bedeutet, zeigt sich für mich im Umgang Gottes mit uns Menschen. Liebe respektiert Grenzen Wahre Liebe respektiert in radikaler Weise die Grenzen und die Freiheit des Anderen. Das Heil der Welt steht auf dem Spiel. Gott will Mensch werden und in und durch Jesus Christus die Welt mit sich versöhnen und doch hängt alles an der freien Entscheidung Marias. Mit einer solchen Liebe riskiert sich Gott und zeigt höchsten Respekt vor der menschlichen Freiheit. Und was für Maria gilt, gilt auch für jeden von uns: Gott hat uns, ohne uns zu fragen, geschaffen, aber er wird uns nicht ohne unsere Zustimmung erlösen. Seine Liebe respektiert die Grenzen, die ihm durch unsere Freiheit gesetzt werden. Liebe überschreitet Grenzen Und doch nimmt sich Jesus auch die Freiheit, Grenzen zu überschreiten, wenn sie ihn im Ausdruck seiner Liebe behindern. Es zieht ihn in besonderer Weise zu den Ausgegrenzten, den Ausgestoßenen, den Verachteten. Er relativiert menschliche Grenzziehungen, die sich auf Kosten des Menschen verabsolutiert haben und nicht mehr dem Leben dienen. Es ist die Radikalität dieser Liebe zu denjenigen jenseits der Grenzen der damaligen Zeit, die ihn letztlich ans Kreuz bringt. Lieben bis es schmerzt. Das ist radikal, und das Kreuz ist ein radikales Symbol dafür. Liebende Radikalität Dass die Radikalität der Liebe Jesu eine liebende Radikalität ist und bleibt, zeigt sich für mich in den „zelotischen“ Versuchungen im Leben Jesu. In der Wüste, bei der Vertreibung der Händler aus 2 Schwerpunkt Jesuiten n September 2014 n Radikal Liebe hat etwas mit der Sehnsucht nach vollständiger Hingabe zu tun.

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