Jesuiten 2014-3

dem Tempel, beim Einzug in Jerusalem und letztlich bei seiner Gefangennahme wurde Jesus versucht. Die Versuchung bestand jeweils darin – wie die Zeloten – auf Gewalt, Hass oder Macht zurückzugreifen, um eine „radikale“ Antwort auf radikale Unterdrückung, Ungerechtigkeit und Gewalt zu geben. Doch Jesus hat derartige „Einladungen“ zu Radikalität ausgeschlagen. Lieber schweigt er in dem Schauprozess seiner Verurteilung, als sich einer Hasssprache zu bedienen. Und selbst am Kreuz stilisiert er sich nicht als Opfer der „political correctness“, er polemisiert nicht, sondern findet versöhnliche Worte – Worte, die im Einklang mit seiner Botschaft von einer radikalen Liebe sind. Und doch bleibt eine liebende Radikalität der Radikalität der Liebe verpflichtet. Weder hat sich Jesus zu Lebzeiten gescheut, im Namen der Liebe eine grundlegende Kritik an der Kultur seiner Zeit zu äußern, noch sind die ersten Christen davor zurückgeschreckt, sich zur radikalen Ungeheuerlichkeit der Göttlichkeit Jesu zu bekennen. In Anlehnung an ein Wort Karl Rahners kann man es deshalb vielleicht so zusammenfassen: Der Christ von morgen wird ein Radikaler sein, einer, der etwas von der radikalen Liebe Gottes zu den Menschen erfahren hat. Aber er wird nur wirklich die radikale Liebe Gottes erfahren haben, wenn seine Radikalität eine liebende ist. Patrick Zoll SJ 3 Jesuiten n September 2014 n Radikal © fotolia/styleuneed

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