Jesuiten 2014-4

Jesuiten n November 2014 n Jesuit sein heute? Gerade heute! Geistlich – Praktisch – Gut Die Jesuiten: Ein Klerikerorden und ein Brüderorden Mit dem etwas abgewandelten Werbeslogan eines Süßwarenkonzerns ließe sich – augenzwinkernd – die Voraussetzung für eine Berufung zum Jesuitenbruder recht passend umschreiben: ein gewisses geistliches Interesse sollte vorhanden sein, vor allem aber praktische Fähigkeiten, und damit ist’s gut. Freilich galten diese Voraussetzungen eher in früherer Zeit. Brüder traten entweder mit einem erlernten Beruf – oft ein Handwerk – ein, oder sie absolvierten im Orden eine entsprechende Ausbildung. Seit den 1960er Jahren hat sich das geändert. Brüder übernehmen mittlerweile alle Arbeiten innerhalb des Ordens, von der akademischen Lehre über Verwaltungs- und Managementaufgaben bis hin zur pastoralen oder sozialen Arbeit. Entsprechend studieren sie und bilden sich weiter, ebenso wie Priester. Ein wenig von der früheren Zeit reicht jedoch noch in die heutige hinein. Zumindest in meinem Fall. Beim Eintritt in die Gesellschaft Jesu war ich fast 40 Jahre alt und brachte zwei Berufe mit: Betriebswirt und Krankenpfleger. Nach längerer Sinnsuche und Neuorientierung hatte ich mich entschlossen, um Aufnahme in den Orden zu bitten. Ich wollte aber keineswegs Priester werden, sondern „einfach nur“ Jesuit. Möglicherweise lag es an mei- nem protestantischen Hintergrund, sicher auch an dem gewaltigen Berg von Theorie, der bei einem Philosophie- und Theologiestudium zu bewältigen ist: eine Priesterberufung spürte ich jedenfalls nicht. Nach dem Noviziat fing ich gleich beim Jesuiten-Flüchtlingsdienst an zu arbeiten, wo ich auch heute noch tätig bin. Was bedeutet es nun, Jesuitenbruder zu sein? Kurz gesagt: es ist eine echte Berufung, nicht etwa eine Notlösung für diejenigen, die das Priestertum nicht anstreben können oder wollen. Die Tatsache, dass Brüder kein kirchliches Amt innehaben, macht sie frei, sich ganz den an sie gestellten Ordensaufgaben zu widmen. Die 34. Generalkongregation (1995) hat das so formuliert: „In gewisser Weise verkörpert der Ordensbruder das Ordensleben in seinem Wesen und kann deshalb dieses Leben in besonderer Klarheit deutlich machen.“ Bruder zu sein ist eine immerwährende geistliche Aufgabe. Sowie jeder Christ entsprechend der ihm oder ihr eigenen Lebenssituation Zeugnis geben soll von dem Gott, der die Liebe ist, so sollen Ordensbrüder (wie auch Ordensschwestern) zeichenhaft das geschwisterliche Miteinander unter den Menschen sichtbar machen. „Denn nur einer ist euer Meister, ihr alle aber seid Brüder.“ (Mt. 23,8) Dieter Müller SJ 17

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