Jesuiten 2015-1

dern sie verändert die Entscheidungsbasis von Grund auf: Allein das Wissen um diese Möglichkeit, die von vielen als naheliegend und wünschenswert betrachtet wird, führt dazu, dass sie auch in Fällen gewählt wird, die mit der ursprünglich als Ausnahme gedachten Extremlage nicht mehr vergleichbar sind. Erst recht würde ein öffentliches Angebot organisierter Suizidhilfe Handlungen, die auf die Auslöschung der eigenen Existenz gerichtet sind, den Anschein von Normalität und allgemeiner Akzeptanz verleihen. Um dies zu vermeiden, kann eine Rechtsordnung, die auf die Hochschätzung vor dem Leben jedes einzelnen ihrer Bürger gegründet ist, die Beihilfe zur Selbsttötung nur als individuelle Gewissensentscheidung eines dem Suizidwilligen nahestehenden Menschen, nicht aber als unterstützendes Angebot von SterbehilfeVereinen tolerieren. Jede darüber hinausgehende Bereitstellung, Erleichterung und Förderung von Möglichkeiten der Suizidbeihilfe würde das fatale Signal an Schwerkranke und Sterbende aussenden, die Gesellschaft lege ihnen ein freiwilliges, lautloses Abschiednehmen aus der Mitte der Lebenden nahe, bevor sie diesen zur Last zu fallen drohen. Ein solches Signal sollte ein demokratischer Rechtsstaat, der auf die Achtung des Lebens aller seiner Bürgerinnen und Bürger gegründet ist, nicht geben. Prof. Eberhard Schockenhoff 9 Jesuiten n März 2015 n Vom guten Tod © SJ-Bild/Franke © SJ-Bild/Franke

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