Jesuiten 2015-1

11 Jesuiten n März 2015 n Vom guten Tod Was bedeutet einem jungen Arzt der Tod? Der Umgang mit dem Tod ist in den ersten Semestern des Medizinstudiums eher ein Randthema. Schon die ersten Präparationsversuche setzen voraus, Körperspender eher als Objekte statt als Menschen anzusehen. Dies ist wichtig, um ohne Beklemmungen lernen zu können, aber der Tod wird dadurch in den Hintergrund gedrängt. Beim Stichwort Tod denke ich sofort an den Tod zukünftiger Patienten und daran, dass ich dann wohl versagt habe. Bei genauerer Betrachtung muss Tod jedoch nicht automatisch eine Niederlage bedeuten. Er kann auch als unausweichliches Ende des Lebens oder einer als unerträglich erlebten Situation angesehen werden. Wenn der Tod eines Patienten naht, stellen sich auch bei den Angehörigen Fragen und Ängste ein. Wie können wir ihm einen würdigen Tod ermöglichen? Wie soll also vorgegangen werden? Eher passiv oder maximal-intensiv? Im Prinzip entscheiden das der Patient und die Angehörigen, oder es wurde vorher durch den Patienten festgelegt. Diese Festlegung bietet aber oft nur eine scheinbare Erleichterung, denn nicht bedachte Möglichkeiten können im Raum stehen, oder es ist eben doch nicht so „leicht“, das Leben bzw. den Angehörigen loszulassen. Während meines Freiwilligen Sozialen Jahres im Rettungsdienst habe ich erlebt, dass viele Menschen erwarten, dass der Arzt die richtige Entscheidung treffen kann und ihm dahingehend vertrauen. Die eine richtige Entscheidung gibt es meines Erachtens jedoch nicht. Zwar können einerseits „objektive“ Kriterien die Entscheidungsfindung unterstützen, anderseits dienen sie nur ihrer Vorbereitung. In die letztendliche Entscheidung fließen Emotionen, Intuition und Patientenbeziehung wesentlich mit ein. Wichtige Fragen wollen bedacht und beantwortet werden: Was ist eigentlich ein guter Tod? Wie lange ist ein Leben lebenswert? Wer beurteilt das? Wie sind die Chancen des Patienten und wie geht er mit seiner Situation um? Nicht jede Vorstellung oder Einschätzung der Situation wird vom Patienten laut ausgesprochen. Manches wird nur schwer und zwischen den Zeilen erkennbar sein oder unklar bleiben. Als Arzt bin ich gefordert, eine gute Beziehung zum Patienten aufzubauen. So kann ich vielleicht erspüren, was mein Gesprächspartner sagen will und wie er die Situation beurteilt. Das Dilemma scheint mir zu sein, nach außen hin den Anschein der Sicherheit wahren zu müssen, obwohl ich unter Umständen keine sichere Entscheidung treffen kann. Die Verantwortung für ein Leben zu haben, ist ein zwiespältiges Gefühl. Einerseits kann mein Engagement wirkliche Verbesserungen für den Patienten bringen, andererseits riskiere ich eventuell seinen Tod. Deshalb müssen Entscheidungen auch mir selbst gegenüber gut begründet sein. David Hundertmark

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