Jesuiten 2015-1

scheiden wir bald nach ärztlichem Rat, Simon keine Bluttransfusion mehr zu geben. So wird er müde, aber weniger schmerzanfällig. Freunde und Familie besuchen uns, um Simon noch einmal zu sehen. Im Alter von fast neun Monaten hört Simon auf zu atmen. Ein Freund, der bei ihm wacht, ruft uns vom Frühstückstisch, so dass wir Simons letzten Regungen beiwohnen. Die Zeit steht still, Tränen, Gebet. Erleichterung, dass Simon „es geschafft hat”. Wie selbstverständlich waschen wir ihn, machen auch Fotos des toten Körpers, die uns heute befremden. Simon wird im Wohnzimmer aufgebahrt, viele verabschieden sich von ihm, der so tot doch schon ein ganz anderer ist. Noch viel mehr gehen mit uns Simons letzten Weg auf den Friedhof nebenan. Wir fühlen uns beschenkt und beraubt zugleich. Heute schauen wir aus dem Küchenfenster, können den Baum sehen, unter dem Simons Grab liegt, und denken: Wir haben vieles richtig gemacht im Umgang mit Simons Krankheit, Sterben und Tod. Wir durften erleben, dass so viele für ihn gebetet und noch mehr gehofft haben. In seinem kurzen Leben lagen Freude und Leid eng beieinander. Wir können nicht wissen, was er – als Säugling – darüber dachte. Er hatte ein fröhliches Naturell und wirkte trotz aller Strapazen meist zufrieden. Ein „guter Tod” also? Wir sträuben uns gegen dieses Wort, es ist falsch hier. Das eigene Kind soll sich entwickeln dürfen, nicht sterben, das stellt das Leben auf den Kopf. Einen „guten Tod” kann es für ein Kind nicht geben. Ulrike Schmidt und Gero Flucke 19 Jesuiten n März 2015 n Vom guten Tod Foto: Flucke / Schmidt

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