Jesuiten 2015-1

eine ärztliche Suizidbeihilfe oder sogar die Tötung auf Verlangen (aktive Euthanasie) vom Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen gedeckt. Die katholische Kirche hat diesbezüglich stets betont, dass Selbstbestimmung nicht isoliert zu betrachten ist: Der Einzelne ist von seiner sozialen Umgebung nicht unabhängig. Da dem Menschen in allen Phasen seiner Existenz als Ebenbild Gottes eine unbedingte Würde zukomme, sei die Ausübung des Grundrechts der Selbstbestimmung an objektive Grenzen gebunden, die jede Totalverfügung über das eigene Leben im Sinne der Selbsttötung ausschließen. Der Gesetzgeber steht angesichts dieser Gemengelage vor einer schwierigen Herausforderung: Zum einen muss er das Gesundheitssystem so weiterentwickeln, dass bisherige unnötige Beschränkungen der freiheitlichen Selbstbestimmung der Patienten – etwa durch eine einseitige Förderung rein technikbasierter Behandlungsformen – korrigiert werden. In diesem Zusammenhang kommt dem rechtlichen Schutz von Vorsorgeinstrumenten (wie z.B. Patientenverfügung) sowie dem flächendeckenden Ausbau der Palliativmedizin große Bedeutung zu. Zum anderen muss er in einer zunehmend pluralistischen Gesellschaft einen möglichst schonenden Ausgleich zwischen der Selbstbestimmung des Einzelnen und den Schutzbedürfnissen besonders verletzlicher Personengruppen (Alte, Kranke und Behinderte) herbeiführen. Es ist zu wünschen, dass in der Debatte um die organisierte Suizidbeihilfe ein Verständnis von Autonomie an Boden gewinnt, das um die Grenzen der Selbstbestimmung weiß und ein katastrophisches Todesverständnis durch die Bereitstellung erreichbarer und bezahlbarer pflegerischer Unterstützung vor Ort überwindet. Prof. Franz-Josef Bormann 5 Jesuiten n März 2015 n Vom guten Tod © SJ-Bild/Franke

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==