Jesuiten 2015-2

(fast) selbstverständlich. Ein Blick auf die jüngere Kirchengeschichte zeigt aber, dass die Kirche immer wieder mühsam lernen muss, die Zeitgeister zu prüfen: Heute irritiert uns z.B., dass man auf der einen Seite lange die Idee der Menschenrechte und speziell der Religionsfreiheit als modernen Zeitgeist verteufelte, während man auf der anderen Seite zu lange brauchte, um als Institution dem Zeitgeist des Nationalsozialismus entschieden und konsequent entgegenzutreten. In einem zweiten Schritt kann dann gefragt werden, welche der wählbaren Optionen „mehr“ der Realisierung des Heilswillens Gottes für die Welt entspricht. Hier können gesellschaftliche Stimmungen und Emotionen wie z.B. „Wut“ oder „Empörung“ wichtige Indikatoren dafür sein, wonach sich Gott durch die Herzen der Menschen guten Willens hinsehnt. Doch auch hier gilt es, noch einmal zu unterscheiden: Sind diese Emotionen „geordnet“, d.h. zielen sie auf die Realisierung von etwas Gutem oder Schlechtem ab? Angesichts so mancher gesellschaftlicher „Erhitzung“ (Stichwort: Pegida etc.) besteht der wichtigste Dienst einer christlichen Unterscheidung der Zeitgeister aber in einem „regulativen Nonkonformismus“. Mit Martin Luther King gesprochen: Wir sollten als Christen nicht einfach Thermometer sein, die die Temperatur der Mehrheitsmeinung anzeigen, sondern vielmehr Thermostate, die die Temperatur in einer Gesellschaft ändern und regulieren können. Patrick Zoll SJ 19 Jesuiten n Juni 2015 n Gott will es? Unterscheiden!

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