Jesuiten 2015-2

riere) – bei meinem Ego. Kann eine solche „radikale Selbsterlösung“ gelingen? Würde ich mich dabei nicht selbst überfordern? Ignatianisch verstandene „Unterscheidung“ geht davon aus, dass es der lebendige Gott selbst ist, der sich mir in Liebe und Gnade mitteilt. Seine gestalterische und erlösende Liebe und Gnade formt die Wirklichkeit – einschließlich meiner selbst – um. Ich muss nicht alles alleine machen: Denn Gott arbeitet und müht sich für mich (Geistliche Übungen 236). Als von Gott Umgeformter und neu Gestalteter – nun erlöst von den Einflüsterungen der Aber-Geister – kann ich die Wirklichkeit befreiter und gelassener erfahren und selbst mitgestalten. Allzu radikal verstandener Konstruktivismus führte doch wieder nur zur Vertauschung der Rollen von Schöpfer und Geschöpf. Wende bei dem, was du tust, alle Mühe so an, als ob du nichts, Gott allein alles tun werde, rät Ignatius. Ich darf mit der Unterstützung Gottes glaubend und hoffend „rechnen“, sofern ich die Rechnung nicht vollkommen alleine aufstelle. Gott ist mehr als nur eine „Variable“ meiner Kalkulation. Aufgrund dieser letzten Unverfügbarkeit und Unverzichtbarkeit Gottes hält Ignatius das regelmäßige Gebet bei der „Unterscheidung“ auch für so wichtig. Nach der „Unterscheidung“ lasse ich mir Zeit und biete die mir geschenkten Einsichten zur Überprüfung und Bestätigung Gott immer wieder im Gebet an. Das hat der begnadete „Coach“ Ignatius sein Leben lang selbst sehr konsequent eingeübt und uns nachdrücklich ans Herz gelegt. Michael Neumayer 21 Jesuiten n Juni 2015 n Gott will es? Unterscheiden! © Fotolia/stokkete

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