Jesuiten 2015-2

Gott will es Mancher, der in Stille und Einsamkeit geht, hofft, dass er dadurch zur Ruhe kommt. Oft passiert jedoch das Gegenteil: Innere Stimmen werden lauter; die Bilder und die Dispute, die Gefühle und die Gedanken werden nicht weniger, sondern mehr. Wer im Schweigen „Exerzitien“ macht – spirituelle Übungen in der Tradition der Jesuiten –, stellt sich diesen inneren Stimmen. Die Übungen rufen bestimmte Bilder hervor: Man malt sich eine biblische Szene aus, versetzt sich mit eigenen Fragen in sie hinein und lässt zu, was kommt: Sehnsüchte und Phantasien; Ideen, was man tun könnte; Furcht vor dem, was droht; Verlockendes, Abstoßendes…. Ignatianisch nennt man all dies „Regungen“; in den Übungen wird man sie Gott hinhalten und mit ihnen beten. Weil man sie ebenso als Stimmen deuten kann, die von außen auf den Menschen einreden, nennt man sie auch „Geister“: Diese flüstern mir alles Mögliche und Unmögliche ein, bisweilen abenteuerliche Ideen, auch tiefe Gefühle von Freude oder gar von Hass. Oft sind die Geister widersprüchlich oder chaotisch, manchmal lästig, oft auch interessant, Lust machend, anziehend, begeisternd... Geister sind also Inneres und Äußeres, oft auch beides zugleich, nicht trennbar. Was bedeutet nun das „Unterscheiden“ der Geister? Zuerst muss man die Geister wahrnehmen, also ehrlich und nüchtern in ihrer Wahrheit nehmen. Das ist gar nicht einfach, denn gerne drängen wir unangenehme Geister weg, wollen sie nicht zulassen, machen uns etwas vor, lügen uns, bewusst oder unbewusst, etwas in die Tasche. Wir brauchen eine längere Schule, uns selbst und unser Inneres gut und ehrlich wahrzunehmen – und es eben anzunehmen, wie es ist, auch mit dem, was wir nicht mögen. Das Unterscheiden ist der nächste Schritt: Welche Regungen oder Geister führen mich in gute Situationen oder in heilbringende Aktionen, welche nicht? Welchen folge ich, welchen nicht? In der Widersprüchlichkeit der Gefühle und Gedanken will ich die guten Geister von den bösen Geistern oder „Abergeistern“ unterscheiden. Was ich schließlich als gut erkannt habe, dem folge ich, was als böse oder schlecht, das weise ich zurück und folge ihm nicht. Klingt einfach, ist aber ein langer Weg: braucht Offenheit für Gefühle, Klarheit im Urteil, am Ende auch Entschiedenheit, Willenskraft; will Argumente – aber Vorsicht: bisweilen rationalisieren wir uns ziemlichen Unsinn zusammen! – integrieren mit Gefühlen – doch auch diese können auf gute oder auf falsche Wege führen. Das Unterscheiden versucht, selbstkritisch von innen her Klarheit für Entscheidungen zu bekommen. Oft hat man nicht zu wählen zwischen gut und schlecht, sondern die Frage heißt: Wie zwischen zwei Guten das Bessere erkennen – also das, was mehr hilft für gute 2 Schwerpunkt Jesuiten n Juni 2015 n Gott will es? Unterscheiden!

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