Jesuiten 2015-2

Was bewegt mich? Ignatius zeigt uns mit der „Unterscheidung der Geister“ einen Weg der Entscheidungsfindung auf, den ich für einen sehr modernen halte. Ganz der Aufklärung verpflichtet, verlangt er von uns Menschen, tief in sich selbst zu hören und dabei uneingeschränkt ehrlich zu sich zu sein. Niemand nimmt einem diese Mühe ab. Kein Engel oder Prophet gibt einem die Lösung, nein, der Mensch selbst muss sich nach Prüfung aller Möglichkeiten für einen Weg entscheiden und die Konsequenzen tragen. Das halte ich für eine sehr moderne Sichtweise, die dazu auch noch ein sehr positives Menschenbild in sich trägt. Folgender Satz aus den „Geistlichen Übungen“ ist hier für mich ausschlaggebend: „Es ist dem bösen Engel eigen, […] bei der frommen Seele einzutreten und bei sich selbst hinauszugehen; nämlich gute und heilige Gedanken zu bringen, wie es dieser gerechten Seele entspricht, und danach bemüht er sich allmählich, bei sich hinauszugehen, indem er die Seele zu seinen verborgenen Täuschungen und verkommenen Absichten zieht.“ (Nr. 332) Neben der heute etwas altmodischen Vorstellung eines bösen Engels, der in unsere Seele „eintritt“, geht Ignatius offenbar auch davon aus, dass der Mensch immer eine „gerechte Seele“ hat, d.h. eine in sich gute Seele, die um das Gute bemüht ist. Das erscheint mir zentral: Nicht, wenn das offensichtlich Böse kommt, wird der Mensch herausgefordert, sondern dann, wenn er grundlegende Fragen mit sich selbst klären muss. Dann besteht die Gefahr, dass sich der „böse Engel“ in die Seele selbst einnistet. Und dann ist es nicht mehr ohne weiteres möglich, gute Intentionen von bösen Handlungen zu unterscheiden. Jetzt ist es vor allem wichtig, dass der Mensch uneingeschränkt ehrlich zu sich ist, um das zu erkennen. Diese Überlegungen sind für mich persönlich sehr wichtig, weil sie mich dazu zwingen, mir nicht nur Handlungsmöglichkeiten zu überlegen, sondern auch die dahinterstehenden Motive offenzulegen. „Trost“ und „Misstrost“ sind hier die entscheidenden Schlagwörter: Was gibt mir (dauerhaften) Trost, und was erscheint auf den ersten Blick erst tröstend, um dann in Leid zu enden? Will ich wirklich das Beste für mich und die anderen oder habe ich das Wohl der anderen irgendwann aus dem Blick verloren? Es ist ein mühsamer Weg der Selbstbefragung, der einen aber auch 4 Schwerpunkt Jesuiten n Juni 2015 n Gott will es? Unterscheiden! Menschen sind nicht von Natur aus böse.

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