Jesuiten 2015-2

stärkt, wenn man sich dieser Mühe unterzieht. Fast noch viel wichtiger erscheint mir dann noch die Überzeugung von der „gerechten Seele“ beim Umgang mit anderen Menschen; gerade bei solchen, bei denen ich nicht verstehen kann, warum sie so gemein zu anderen sind. Nimmt man Ignatius ernst, dann heißt das, auch diese Menschen haben „gerechte Seelen“, d. h. sie sind nicht von Natur aus böse. Das bedeutet, sie tun nicht böse Dinge, weil sie vermeintlich von Grund auf schlechte Menschen sind, sondern weil sie offenbar der Meinung sind, dabei das Richtige zu tun. Sie halten ihre Handlungen für gute Entscheidungen. Tatsächlich aber sind sie verborgenen Täuschungen ausgeliefert. Sie haben nicht ausreichend über ihre Motive nachgedacht. Sie suchen Trost in Dingen, die tatsächlich Misstrost verursachen. Würde ich zu solchen Leuten sagen „Du machst böse Dinge“, würden sie mich nicht verstehen. Ich muss vielmehr fragen: „Was ist es, was Dich glauben macht, dass Du Gutes durch Dein Tun erreichst?“ In meiner Erfahrung kommt man so ganz anders an Menschen heran, weil man sie in ihrem Denken ernst nimmt. Es gilt, die eigentlich gute Intention zu sehen, um dann zu klären, ob es nicht einen tröstlicheren Weg gibt, als der, den sie gerade gehen. Ich glaube, dass eine solche Herangehensweise dem Menschen deutlich angemessener ist, als sie in „gute“ und „böse“ Menschen zu unterteilen. Das wäre nämlich zu einfach, und das wusste schon Ignatius. Dina Brandt 5 Jesuiten n Juni 2015 n Gott will es? Unterscheiden! © Fotolia/uwimages

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