Jesuiten 2016-2

Warum Predigen ein bisschen wie Fußball ist ... Wenn ich gefragt werde, ob ich die Predigt im katholischen Gottesdienst für wichtig halte, so antworte ich mit einem entschiedenen „Jein“. Ich finde es irritierend, wenn mir Gläubige sagen, dass sie nicht mehr in eine bestimmte Gemeinde gehen, weil dort die Predigten so schlecht sind. Eine derartige Haltung irritiert mich, weil es so klingt, als wäre die Predigt das Wichtigste im katholischen Gottesdienst. Ist sie aber nicht. Das Wichtigste am Gottesdienst ist die Beziehungspflege: mit meinen Mitchristen, indem wir uns versammeln, und mit Gott, indem wir ihm gemeinsam danken und uns in Erinnerung rufen, was er für uns getan hat und tut. Wer wegen einer schlechten Predigt wegbleibt, der scheint mir wie ein Fußballfan, der nur dann ins Stadion geht, wenn seine Mannschaft gut spielt. Vielleicht hilft dieses Bild auch, um besser zu verstehen, welche Aufgabe dem Prediger zukommt und warum die Predigt auch nach katholischem Verständnis ein wichtiges Element des sonntäglichen Gottesdienstes ist. Ein guter Prediger ist wie ein Fernsehkommentator oder Stadionsprecher. Er kommentiert das Spielgeschehen auf dem Feld, gibt Hintergrundinformationen und unterhält die Zuschauer einfach, wenn es streckenweise nicht so spannend ist: Das Wichtigste im Gottesdienst ist das „Spiel“, die Interaktion zwischen Gott und Mensch. Und damit diese Beziehung reifen kann, braucht es Kommunikation. Das Hören und Antworten auf das Wort Gottes ist deshalb wesentlich. So wie ein guter Kommentator den Spielverlauf nachvollziehbarer macht, so macht ein guter Prediger das Wort Gottes verstehbarer, z.B. indem er kulturgeschichtliche Hintergründe liefert oder mal eine exegetische Zeitlupe einspielt. Am bedeutsamsten ist aber, dass ein Prediger „bezeugt“, d.h. dass er seine Leidenschaft für Gott erfahrbar macht, sein Ergriffensein durch das Wort Gottes. Und manchmal geht es vielleicht auch einfach darum, die Gemeinde zu ermutigen, wenn das gehörte Wort allzu dröge erscheint. Der Predigt kommt eine unersetzbare Funktion in der wöchentlichen Versammlung der Gemeinde zu. Wie gepredigt wird, ist nicht unwichtig: So wie die Predigt der Kommunikation der Menschen mit Gott im besten Fall dient, so kann sie diese im schlimmsten Fall behindern. Und dennoch bleibe ich bei meinem „Jein“, denn bei aller Liebe für gute Predigten: Ins Stadion geht man wegen des Spiels und der Mannschaft, nicht wegen des Stadionsprechers! Patrick Zoll SJ 13 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN

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