Jesuiten 2016-2

Schmerzlich arm: Grenzen spüren 1536 schreibt Ignatius, noch nicht Priester, einem Freund darüber, wie er predigen möchte. Unterschrieben ist der Brief mit: „arm an Tugend“ (de bondad pobre). Das kommt mir bekannt vor: Es fehlt das Gute. Es gibt Predigtvorbereitungen, da durchforste ich stundenlang biblische Kommentare, Predigtbücher, theologische und pastorale Literatur, bedenke zum x-ten Mal den Bibeltext, suche Querverbindungen in anderen Gebieten – aber die Leere bleibt. Es gibt Zeiten, an denen ich nicht predigen will: aus Überdruss, aus gefühlter Gottferne, aus Müdigkeit. Vermutlich gibt es dafür noch mehr Gründe. Ich kann es nicht „machen“; das Instrument bleibt stumm. In solchen Momenten hat „in Armut predigen“ für mich einen schmerzlich-persönlichen Sinn. Ich kann es dann nur wieder mit dem ersten Gedsnken ersuchen... Freudig arm: authentisch sein Ein lebenserfahrener Mitbruder sagte einmal: „Wenn du beim Zuhören einen guten Gedanken für dich gefunden hast, dann kannst du den Rest der Predigt schlafen.“ Was für die Zuhörenden gilt, kann ich auch als Prediger beherzigen: Ich muss nicht alles perfekt, vollständig, durchgestylt, makellos vorbereitet und durchgeführt haben. Natürlich soll ich nicht die Hände in den Schoß legen, sondern alle Möglichkeiten und Mittel anwenden, um mit Gott mitzuwirken. Zugleich ist das Wichtigste: mich selber ganz in den Dienst Gottes und der Menschen zu stellen, in der Weise, wie es nur mir möglich ist, d.h. als der, der ich bin. Johannes Herz SJ 19 JESUITEN n JUNI 2016 n PREDIGEN © KNA-Bild

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