Jesuiten 2016-4

Ökologische Umkehr konkret Seit meiner Grundschulzeit in den frühen Neunzigern beschäftige ich mich mit der Frage, wie wir unsere Umwelt schützen können. Das Thema wurde mir gleichsam in die Wiege gelegt, da ich auf einem Bioland-Bauernhof aufwuchs. Von Mülltrennung über Anti-Atomkraft-Demos, Leserbriefe zu Umweltfragen und einem Studium der Umweltethik, bis hin zum Verzicht auf ein eigenes Auto und natürlich die Mitarbeit auf dem Familienbetrieb, haftet mir das Thema „Nachhaltigkeit“ seit Jahrzehnten an wie manchem meiner Altersgenossen das Rauchen. Seit meinem Eintritt in den Orden 2008 versuche ich, durch ganz konkrete Handlungen etwas zu verändern und infolge dieser Handlungen Bewusstsein zu schaffen. Im Noviziat begannen wir eine Kooperation mit einem regionalen Bioversand. In meiner Hamburger Zeit bat ich darum, für den Einkauf zuständig zu sein, und kaufte so gut es ging Bioprodukte. Und während meines Studiums in den USA fing ich stillschweigend an, die Lichter aus- und die Türen zuzumachen, wenn es hell war bzw. wenn geheizt wurde – um nur zwei kleine Beispiele zu nennen in einem Land, in dem Recycling im Jahr 2016 so revolutionär klingt wie in manchen Staaten der Ruf nach Abschaffung der Todesstrafe. Vielfach mache ich es mir und den Menschen in meinem Umfeld mit diesen Handlungen schwer. Doch sind es genau diese Dinge, die im Alltag den Unterschied machen, wenn wir uns fragen, wie wir die Welt aus der Perspektive von nachhaltigem Handeln ein Stückchen besser machen können. Und doch ist die Welt gerade deshalb nicht ideal, weil sie real ist. Nicht ganz ohne Reibungen durfte ich im Spannungsfeld aus Idealismus und Realität lernen, dass es im Letzten auf zwei Dinge ankommt. Erstens: Geh mit gutem Beispiel voran. Wenn Du willst, dass andere Öko-Vegetarier werden, dann sei’s einfach selbst. Zweitens: Bleib moderat. Umweltschutz ist ein so komplexes Thema, dass man jedem jederzeit Vorhaltungen machen könnte. Doch du wirst letztlich nur die erreichen, die ein offenes Ohr dafür haben. Die anderen stößt du nur vor den Kopf und verhinderst dadurch wahrscheinlich eine inhaltliche Auseinandersetzung. Und wenn du gelegentlich selbst in eine Form der Bequemlichkeit rutschst, von der du weißt, dass sie der Umwelt schadet, dann halte es aus, dass du genauso ein Sünder bist wie die Menschen um dich herum. Bei allem Guten, das du sicher immer noch besser machen kannst, kannst du dich auch fragen, was gut genug ist, um auch künftigen Generationen Leben zu ermöglichen. Simon Lochbrunner SJ 19 JESUITEN n DEZEMBER 2016 n GENUG

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