Sehnsucht nach Einheit? „Wenn zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, so bin ich mitten unter ihnen.“ Dann beten, reden und brechen wir das Brot gemeinsam. Aber hoppla, wir dürfen nicht zusammen die Messe und die Eucharistie feiern – denn du bist katholisch, und ich bin evangelisch. Meine Eltern haben mich ihrer Tradition folgend in ihrer protestantischen Konfession erzogen. Und ich bin nicht konvertiert, obwohl ich unterschiedliche Erfahrungen mit verschiedenen konfessionellen Gemeinden gemacht habe. Denn in meinem Leben, ob auf einem katholischen Gymnasium in Berlin, bei der evangelischen Christenlehre oder dem Konfirmandenunterricht, zu Freizeiten in einem Benediktinerkloster, ein Jahr in einer evangelischen Gemeinde im katholischen Polen oder jetzt in der Katholischen Studentengemeinde in Leipzig. All das sind wichtige Stationen auf meinem Glaubensweg. Einem Weg, der mich zu Gott führen soll und den ich gemeinsam mit allen Christen gehe. Und nun existiert eine Grenze mitten unter uns, die ich wie andere auch nicht verstehe, auch wenn sie uns erklärt wird… denn: Wir fühlen sie nicht. Wir fühlen uns verbunden. Es gehört zu unseren Glaubensgrundsätzen, dass die Einheit der Christen wichtig ist, von Jesus gewollt. Ich will sie auch, und es schmerzt mich, dass nicht alle gemeinsam feiern können. Denn der Glaube ist mit dem Verstand nicht zu fassen. Leider fasse ich die Kirchenspaltung ebenfalls nicht mit meinem Verstand. Luther wollte vor 500 Jahren die katholische Kirche reformieren und scheiterte damit. Wir können viele machtpolitische Entscheidungen erklären, die zur Spaltung führten und sie zementierten. Damals ging es oft nicht um den einzelnen Christen, sondern meist um ein politisches Machtkalkül. Herrscher wählten eine Konfession für sich und ihre Untertanen. Wäre damals die Spaltung überwunden worden, wenn sich die Kirchenspitzen geeinigt hätten? Und heute? Heute sind die beiden Kirchen in ihren Strukturen so verfestigt, dass ich nicht glaube, die Überwindung der Spaltung mitzuerleben. Das macht mich traurig. Ich will nur Christ sein und mich nicht als Protestantin erklären müssen. Die Stationen in meinem Glaubensleben waren alle sehr wichtig für mich, und die Begegnungen und Diskussionen haben mich geprägt und vorangebracht. Mein Glaube wäre ein anderer, hätte ich diese verschiedenen Erfahrungen nicht gemacht. Mir wäre die Kirchenspaltung nicht so bewusst und ich könnte nur erahnen, wie schmerzhaft die Trennung ist. Ich wünsche mir, wir Christen könnten die Einheit von unten voranbringen, dass unser Glaube an Gott ausreicht, uns wieder zu vereinen. Ja, ich sehne mich nach der Einheit der Christen. Pia Hansen 16 SCHWERPUNKT JESUITEN n MÄRZ 2017 n ÖKUMENE?
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