Jesuiten 2017-1

Ökumene ist harte Arbeit Spätestens seit dem Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) versteht die römisch-katholische Kirche die ökumenische Bewegung als vom Heiligen Geist angeregt. Diese Gesinnungsänderung hat eine Begeisterung für den Dialog mit anderen Konfessionen innerhalb und außerhalb der Kirche ausgelöst. Mittlerweile erscheinen die ökumenischen Bemühungen jedoch zu stagnieren oder zum Erliegen gekommen zu sein. Wenn dieser Eindruck in manchen Fällen auch zutreffen mag, so gilt er nicht allgemein. Denn die ökumenischen Dialoge sind häufig an einem Punkt angekommen, an dem die schwierigen und grundlegenden Fragen behandelt werden müssen. Konnten bei einfacheren Themen noch relativ rasch Annäherungen oder sogar Übereinstimmungen in der Lehre erzielt werden, ist das bei den Kernfragen nicht mehr so leicht möglich. Zu diesen zählen vor allem Fragen, die die Lehre von der Kirche (Ekklesiologie) betreffen. Davon hängen zum Beispiel das Amtsverständnis und die Sakramente ab. Nach einer 500-jährigen Spaltungsgeschichte zwischen römisch-katholischer Kirche und den protestantischen Kirchen ist es unrealistisch, innerhalb von knapp 50 Jahren eine Einigung zu erwarten. Noch weniger realistisch ist dies angesichts einer mindestens 1000-jährigen Trennung von den Ostkirchen. Es gibt darüber hinaus auch ganz praktische Schwierigkeiten. Für die römischkatholische Kirche ist es zum Beispiel nicht ganz einfach, einen Dialogpartner im zersplitterten Protestantismus zu finden. Mag es für das Luthertum noch den Lutherischen Weltbund als Ansprechpartner geben, stellt sich die Situation bei den Evangelikalen und Pfingstlern schwierig dar. Hier muss mehr oder weniger mit den einzelnen christlichen Gruppierungen verhandelt werden. Da es von ihnen Tausende weltweit gibt, sind dem bilateralen Dialog schnell Grenzen gesetzt. Niemand weiß derzeit so recht, wie in dieser Situation ein ökumenischer Dialog zu führen sei. Eine weitere Schwierigkeit entsteht, wo eine christliche Gemeinschaft keine ausgeprägte Dogmatik (theologische Systematik) hat, wie es zum Beispiel bei den pentekostalen Gemeinschaften (Pfingstlern) der Fall ist. Der klassische ökumenische Dialog ist jedoch ein Dialog über die Lehre. Auch hier sind die Beteiligten guten Willens auf der Suche. Die Ökumene ist nicht zu Ende; sie ist vielmehr bei den entscheidenden Fragen angelangt. Deshalb ist sie mehr denn je harte Arbeit. Markus Schmidt SJ 17 JESUITEN n MÄRZ 2017 n ÖKUMENE?

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