Jesuiten 2017-2

Das Mittelalter unterschied zwischen drei Phasen der Präsenz beim Gebet: eine aktive, eine passive und eine dritte, die jenseits von Aktivität und Passivität eine wahrnehmende Stille ist, in der dem Übenden das lebendige Sein widerfährt (vgl. Dürkheim, Meditieren – wozu und wie, 1993, S. 186). Im eigenen Gebet also mit Inbrunst die Anliegen vor Ihn bringen, aber dennoch in vertrauender Geduld ausharren und lernen, abzuwarten. Ganz ähnlich also einem werdenden Vater entsprechend, der das Wunder des Lebens vor sich entstehen sieht und dennoch nur geschehen lassen kann. Auch in den „Scintillae ignatianae“ der Gesellschaft Jesu gibt es in Punkto passiver Aktivität eine ähnliche Formulierung des ungarischen Jesuiten Hevenesi, die als Zusammenfassung ignatianischer Spiritualität und Aktion gelten kann. So solle der Jesuit Alles von Gott und nichts von sich erwarten, aber gleichzeitig Alles zur Umsetzung dessen vollbringen, als ob Gott nichts dazu geben könne. Diese Art der Dialektik führt in die passive Aktivität, die sich in Ihm verwurzelt weiß, Alles von Ihm erhofft und dadurch selbst aktiv im Alltag wird. Und ebenso im seelsorgerischen Gespräch stärkt die Erfahrung des Vertrauen-Dürfens in Seine Führung beide Beteiligten. So hat man nicht selbst die Konflikte des Gegenübers zu lösen, sondern verhilft ihm, durch Darstellen seiner aktuellen Problemlage und das Stellen möglichst hilfreicher Fragen hierzu, zu einer tragfähigeren und dauerhafteren Lösung für sich zu finden. Vertrauensvolles Abwarten, bis der Laut der Erlösung die Nacht durchdringt und neues friedvolles Licht schenkt. Dies dürfte im Sinne des heiligen Josefs sein, der nicht wusste, wie ihm geschieht, und sich dennoch nicht dem Wunder der Geburt Jesu verschloss. Michael Schenke SJ 13 JESUITEN n JUNI 2017 n JOSEF Vertrauensvolles Abwarten, bis der Laut der Erlösung die Nacht durchdringt.

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