Jesuiten 2017-2

4 Durchkreuzte Lebenspläne Josef beschloss, sich in aller Stille von ihr zu trennen (Mt 1,19) „Der Mensch denkt, und Gott lenkt.“ In meinem Leben habe ich es immer wieder zu hören bekommen. Es ist so leicht dahingesagt, und doch verbergen sich dahinter oft Enttäuschungen und Trauer. Aber, was soll’s. Das Leben muss weitergehen. Es bleibt eben im Alltag nicht viel Zeit, dem nachzuhängen. Und außerdem, es nützt meist nichts, seinen Kopf trotzdem durchzusetzen. In der Gestalt des Josef findet diese eigene Erfahrung durchaus seine Bestätigung. Sein Lebensplan geht nicht auf. Der Traum von einem beschaulichen Familienleben in einem Kleinunternehmen in Nazareth klappt so mal nicht. Was in kurzen Sätzen in der Bibel geschildert wird, sind doch, genauer gesehen, massive Brüche und Herausforderungen. Die Sache mit der „geheimnisvollen“ Schwangerschaft seiner Verlobten, die Ablehnung und eigene Unfähigkeit für seine Frau und das zur Welt kommende Kind eine passende Unterkunft zu finden, sind für einen Ehemann schon große Herausforderungen, die erst einmal bewältigt werden müssen. Und dann noch die Flucht in ein fremdes Land wegen eines verrückten Machthabers. Dazu Ja zu sagen und es wirklich aus ganzem Herzen zu akzeptieren, das braucht oftmals einen langen Weg. Aber der, und das ist das Schwierige, ist meist nicht gegeben. Männer aus Syrien, die ähnliche Erfahrungen mit Flucht und Heimatlosigkeit erlebt haben, können von dieser Wunde erzählen. Doch oft schämen sie sich, weil sie ihre Familie nicht schützen konnten und hier für sie nicht mit ihrer Arbeit sorgen können. Und so ein Traum, eine Stimme Gottes, die dann den Weg weist. Wer hätte sie nicht gerne. Wenn schon mein eigener Plan nicht geht, dann bitte Klarheit, wo es weiter lang gehen soll. Ob es eine solche Stimme in dieser Situation gab, oder ob keine Gelegenheit bestand, sie wahrzunehmen, das lässt sich nicht so leicht sagen. Wenn Menschen mit diesen Brüchen zur Begleitung kommen, nehmen sie oft eine große Unsicherheit wahr. „Was wäre denn gewesen, wenn… War es denn so richtig? Ich hatte doch keine Wahl, oder?“ Diese Fragen stehen im Raum. Es ist wie ein Foto eines Lebensabschnittes, das noch keinen festen Platz im Album gefunden hat. Es liegt SCHWERPUNKT JESUITEN n JUNI 2017 n JOSEF Josefs Schweigen angesichts des Unbeschreiblichen, das er erleben musste.

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