Jesuiten 2017-3

gänzt: „Und das Christentum gehört zur Türkei.“ Der vorausschauende Blick auf das Verhalten des Anderen kann aber auch zur Blockade führen. Ich erlebe immer wieder den Hinweis, dass man ja durchaus bereit sei, Muslimen offen zu begegnen, aber das sei ja leider nicht möglich, weil sie einen selbst als Ungläubige betrachteten, weil es ihnen nur um die Durchsetzung gesellschaftlicher Dominanz ginge oder weil ihnen die taktische Verstellung erlaubt sei. Einmal davon abgesehen, dass dies im Großteil nicht meiner Erfahrung entspricht, ist dieses Denken immer beim Anderen. Demgegenüber hilft es, sich auf sich selbst zurück zu besinnen: Wie will ich das Zusammenleben gestalten? Was gebietet mir mein Glaube? Was sehe ich im Anderen? Der syrische Mönch Jacques Mourad hat sehr beeindruckend erzählt, wie er in der Zeit seiner Verschleppung durch den IS seine Gefängniswärter langsam dadurch aufgebrochen hat, dass er sich immer wieder am Leben und Beispiel Jesu orientierte – sicherlich eine radikale Form, bei sich zu bleiben. Aber sie zeigt: Christ zu sein heißt, bei sich zu bleiben, indem man beim Anderen ist. Alle echten Exzentriker können aufatmen. Tobias Specker SJ 11 JESUITEN n SEPTEMBER 2017 n POLARISIERT © jock+scott/photocase.com

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