Jesuiten 2017-3

Individualismus. Jesuitische Spiritualität wirkt dann am besten, wenn Spannungspole lebendig und deutlich spürbar sind: Wenn unterschiedliche Meinungen zutage treten, ist das eben nicht nur Konflikt. Im Gegenteil! Im „Nebeneinander leben lassen“ von Meinungen und Zielen entsteht Raum für Kreativität, lebensnahe Lösungen und Reife. Das ist sogar nützlich: Entscheidungen lassen sich selten auf ein Entweder-Oder reduzieren. Wir brauchen Spannungen! Ich glaube, das gilt für den Einzelnen wie auch für die Gesellschaft, die so gerne auf Gleichmacherei und Harmonie aus ist: Wir müssen neue Lust daran finden, Spannungen von ihrer Stigmatisierung zu lösen und sie als Motor zu betrachten. Dass Menschen unterschiedlich sind, aus je anderen Perspektiven denken und leben, ist keine Gefahr, sondern eine Wachstumsvoraussetzung. Und genau deshalb wünsche ich mir für unsere Gesellschaft etwas von dieser pragmatischen, neugierigen und offenen Haltung, die uns Ignatius geschenkt hat. Papst Franziskus mutet der Kirche in einigen Fragen solche Prozesse zu. Das auszuhalten ist nicht einfach. Aber es lohnt sich. Auch für Karl. Johann Spermann SJ 17 JESUITEN n SEPTEMBER 2017 n POLARISIERT © jock+scott/photocase.com

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