Jesuiten 2018-1

Die Sprache, die Gott nicht verbergen kann Ist der Körper das Ehrlichste, mit dem wir uns zeigen können? Es heißt, der Körper lüge nicht. Es heißt, die Körpersprache gehe unseren Worten voraus. Was hat der Körper demnach mit Gott zu tun? Können wir ihn als Ausdruck von Wahrhaftigkeit verstehen und somit als Zugang zum Göttlichen? Am Kleinen Michel in Hamburg versuche ich diesen Fragen in Tanzprojekten, Workshops und Kursen nachzugehen. Können wir den Glauben über unsere Körper erfahren oder anders erleben? Wenn Du eins mit Gott bist, wie zeigt sich der Körper dann? Und wie würde eine bewusste Integration des Körperlichen in die Glaubenspraxis unseren Glauben und die Kirche bereichern? Nach meiner Erfahrung mit vielen Menschen ist der göttliche Hauch in jeder Person sichtbar. Ist der Körper aber eins mit sich und mit Gott, ist er einzigartig wunderbar. Eins sein bedeutet für mich, ganzheitlich gegenwärtig und durchlässig für Gott zu sein. Ich bin, weil ich bin da. Wir sind da. Wie würden wir aussehen, wenn wir einfach da wären? Gegenwärtig zu sein verlangt von mir auch, immer wieder loszulassen – ein Loslassen von Konzepten und ein Eintauchen in das, was wirklich ist. Über Körperübungen und Meditation können wir diese Anwesenheit gut einüben. Jesus hat uns öfters daran erinnert, dass Gottes Wirklichkeit anders sein kann, als wir sie uns vorstellen. Wir sollen wach sein. Wenn wir an Gott glauben, müssen und dürfen wir gegenwärtig sein. Es gibt einen Grund, warum der Körper eine große Fläche besitzt, durch die Gott eintreten kann. Wenn wir gegenwärtig sind, handeln wir aus Gott heraus. Ich halte diesen Aspekt für besonders wichtig, da unsere Gesellschaft dabei ist, ein übereifriges Wettrennen von Wissen, Konzepten und Beweisen anzufordern. Auch innerhalb der Kirche gibt es diese Hierarchien. Wir leben in einer sehr kopflastigen Gesellschaft. Ein Übermaß an Kopf tötet den Körper, weil der Körper versteift. Selbstverständlich geht es um die Einheit von Körper, Geist und Seele. Gebet ist Gebet. Sein ist sein. Ich denke nicht über Gebet. Ich bin Gebet. Ich bete. Dann gehört der Körper zu den ehrlichsten Gesten, mit denen sich Gott durch uns zeigt: radikal & unzensiert. Yasna Schindler 19 JESUITEN n MÄRZ 2018 n KÖRPER

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