Jesuiten 2018-1

Denken & Fühlen „Irgendwie habe ich dabei kein gutes Gefühl“ – ein Argument, das eigentlich gar keines ist. Oder doch? Emotionen, die sich körperlich niederschlagen – das berühmte Bauchgefühl –, lastet etwas Irrationales an. Sie sind nicht leicht objektivierbar und doch betreffen sie unser Innerstes, sorgen dafür, dass es uns gut oder schlecht geht. Dennoch spielen sie oft eine untergeordnete Rolle. Eine als „emotional“ bezeichnete Diskussion ist nicht bei der Sache und es braucht den oder die „Vernünftige“, die distanziert einen Überblick haben kann. Doch diese Trennung von Denken und Fühlen wird beiden Seiten nicht gerecht. Etwas kann sich körperlich zeigen, was sich nicht in Worte fassen lässt. Ich kann versuchen Dinge zu erklären, verständlich zu machen, doch es gibt einen Bereich, den ich nicht mitteilen kann. Und das trifft für das Wichtigste im Leben zu. Warum habe ich mich für diesen Weg entschieden? Was war ausschlaggebend, dass ich diesen Schritt gehen wollte? In den Exerzitien beschreibt Ignatius drei verschiedene Zeiten, in denen man eine Lebenswahl treffen kann. Die erste ist „ohne zu zweifeln noch zweifeln zu können“, die zweite „aus Erfahrung und Unterscheidung“ und die dritte ist eine „ruhige Zeit“ der Erwägung. Als reine Reflexion scheint also nur die letzte zählen zu können, in den beiden anderen fühle ich, was richtig ist. Für diese dritte Wahlzeit gibt Ignatius mehrere Regeln an, die helfen sollen zu einer guten Entscheidung zu kommen. Und obwohl er betont, dass nach intensivem Nachdenken darauf geachtet werden soll, „wohin sich die Vernunft mehr neigt“, hebt er zugleich hervor: „Wer wählt, soll also zuerst in sich verspüren, dass das Mehr oder Weniger jener Liebe, die er zu der Sache hat, die er erwählt, allein um seines Schöpfers und Herrn willen ist.“ Beide Bereiche gehören also zusammen und beide finden ihr Maß in ihrer Ausrichtung. Um was geht es mir? Was sind meine Motivationen und wo schleichen sich Nebenmotive ein, die ich sowohl durch ein scheinbar rationales Argumentieren als auch durch einen Verweis auf ein komisches Gefühl verschleiern kann? In den Exerzitien ist die Liebe das Kriterium, das zu einer wichtigen Entscheidung verhelfen soll. Wenn eine Wahl bestand haben soll, dann reicht nicht allein ein guter Grund, ein gutes Gefühl, sondern es kommt etwas hinzu, was größer ist, für das ich mich mit aller Kraft und allen Kräften einsetzen möchte. Ist das unvernünftig? Nein, aber es lässt sich 20 SCHWERPUNKT JESUITEN n MÄRZ 2018 n KÖRPER Wenn eine Wahl Bestand haben soll, dann reicht nicht allein ein guter Grund, ein gutes Gefühl.

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