Jesuiten 2018-2

inklusive Gesellschaft zu bewahren, die technologische Chancen ergreift, aber vor den Allmachtsfantasien digital ermächtigter Gesellschaftskonstrukteure schützt. Jenseits christlicher Sprache verfügen ignatianische Schulen über wirkungsvolle Methoden, Urteilsvermögen zu fördern – die Kernfähigkeit schlechthin inmitten technologischer und gesellschaftlicher Umwälzungen. Dazu gehört der Klassenrat, eine Demokratieübung en miniature, die bei Kontroversen christliche Werte wie Fairness, Gesichtswahrung und Verzeihen hochhält. Durch Einigung auf gemeinschaftliche Interessen erler- nen Schüler hier performativ einen verantwortungsvollen Gebrauch von Macht. Eine weitere Methode ist die Diskussion der Lernerwartungen von Schülern. Der Austausch über individuelle Ansprüche und Potentiale vermittelt den Mut zu beherzten Entscheidungen über den eigenen Lebensweg. In solchen Praktiken offenbart sich das ignatianische Bildungsideal, Reflexion als Ressource der Lebenskunst zu entdecken – der Kunst, sein Leben zu führen und nicht bloß geschehen zu lassen. Auch im digitalen Wandel, der vierten industriellen Revolution, kurz Industrie 4.0, bleibt klassische Bildung als Anleitung zur freien Ausformung von Identität also unersetzlich. Rückbesinnung als Update: Das ist christlicher Humanismus 4.0. Johannes Bohnen & Lutz-Peter Hennies 19 JESUITEN n JUNI 2018 n IDENTITÄT

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