Jesuiten 2018-3

Jérôme Nadal: „Die Welt ist unser Haus“ „Die Welt ist unser Haus.“ So einen Satz kann nur sagen und vor allem nur leben, wer innerhalb der Freiheit, die ihn in die Welt führt, tief verwurzelt ist. Welche Wurzeln hatte Jérôme Nadal SJ (15071580)? Er wurde auf Mallorca geboren und stammte aus einer vornehmen Familie von Conversos, vor Generationen zum Katholizismus konvertierten Juden. Die ersten Begegnungen mit den Gefährten des Ignatius bei ihren Studien in Alcalá und später in Paris zeigen seinen starken und eigenständigen Charakter, obwohl die „Freunde im Herrn“ ihn mit allen Mitteln für ihre Gruppe zu gewinnen versuchten, gab er ihrem Werben nicht nach. Paradigmatisch für seine Reaktion ist eine Begegnung mit Ignatius in Paris, ein letzter Versuch, ihn zu überzeugen. Nadal zückte das Neue Testament, hielt es Ignatius entgegen und sagte: „Ich will diesem Buch folgen; wo ihr landen werdet, weiß ich nicht. Schweigt davon und lasst mich in Zukunft in Ruhe.“ Die kleine Episode zeigt Nadals Charakterstärke und seine Liebe zur Heiligen Schrift. Er hatte eine ausgezeichnete humanistische Bildung, beherrschte außer Latein auch Griechisch und Hebräisch und verfügte über umfassende Kenntnisse der Kirchenväter und der scholastischen Autoren. Charakterstärke hin oder her – am Ende trat er doch in die Gesellschaft Jesu ein, aber erst fast 20 Jahre später, nachdem er die Exerzitien gemacht hatte. Nadals Liebe zum Neuen Testament blieb, aber sie entfaltete sich neu und anders in der ignatianischen Betrachtungsweise. Ein Eintrag in seinem Tagebuch gibt davon ein deutliches Zeugnis: „Die Betrachtung und Beschauung des Lebens Christi im Verspüren des Geistes ersetzen, was die Apostel und Jünger Christi leibhaft geschaut haben.“ (Orat. Ob. 391) Das Neue Testament war nun nicht mehr nur in seiner Hand und in seinem Verstand, sondern er war selbst darin, war als Jesuit mit Jesus unterwegs wie die Apostel im Evangelium. Der Apostel Paulus wurde ihm dabei zum Vorbild, oder jedenfalls nahm er sich vor ihn zu lesen und schrieb „Paulus legendus (Paulus muss man lesen!)“ in sein Tagebuch (Orat. Ob. 507). So mancher Eintrag lässt erkennen, dass er ihn nicht nur gelesen, sondern auch verinnerlicht hat: „Wenn wir andächtig die heilige Eucharistie empfangen, wer2 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS Wer Jesus kennen und lieben gelernt hat, findet den Geliebten in allen Dingen wieder.

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