Jesuiten 2018-3

Die Welt – unser Haus 2018/3 ISSN 1613-3889 Jesuiten

Titelbild: © Margie/photocase.com Trotz globaler Aufbrüche und weltumspannender Zusammenhänge hat sich in den letzten Jahren so etwas wie ein neues Klein-Klein eingestellt: Politische Akteure vertreten ausschließlich nationale Interessen, gesellschaftlicher Zusammenhalt zieht sich auf das eigene Milieu zurück. Trotzdem leben wir in einer Welt. Damit wir die Perspektive für das große Ganze wiederbekommen, braucht es so etwas wie eine Verschiebung des Maßstabs. Was ist die Rolle des Einzelnen in großen Zusammenhängen? Welches Kleine hat eine weitreichende Wirkung? Einen solchen Kontrast im Maßstab bringen die Bilder dieses Heftes zum Ausdruck – und geben einen Impuls, das eigene Wirken und die Einflussmöglichkeiten wieder neu einzuschätzen. Ausgabe September/2018 Jesuiten 1 Editorial Schwerpunkt 2 Nadal: „Die Welt ist unser zu Hause“ 4 Hineinwachsen in die weltweite Gesellschaft – Tertiat 6 Europa - ein fragmentierter Ort 8 Alle Wege führen nach Rom 10 Feinde in der Welt – Freunde im Herrn 12 Eine Christin darf niemals Nationalistin sein! 15 Die Welt als Tauchgang 16 Begeistert von der heutigen Welt 19 In der Welt, aber nicht von der Welt 20 Mitten in der Welt zuhause fühlen Geistlicher Impuls 22 Religiöse Heimat – eine Fuchshöhle? Nachrichten 24 Neues aus dem Jesuitenorden Personalien 27 Jubilare 28 Verstorbene Medien / DVD 29 DVD: Ignatius von Loyola: Kämpfer – Sünder – Heiliger Vorgestellt 30 „Freunde der Gesellschaft Jesu e.V.“ 33 Die besondere Bitte 34 Autoren dieser Ausgabe 37 Standorte der Jesuiten in Deutschland

EDITORIAL Liebe Leserinnen, liebe Leser, Das Jahr 2018 scheint ein recht hitziges zu sein: Der Sommer präsentierte sich auch bei uns mit Temperaturen, die man sonst nur aus anderen Gebieten der Welt kennt. Besorgniserregender ist aber die Veränderung des politischen Klimas. Verbale Extreme kommen zum Vorschein, die man längst vergangen glaubte: Offen wird darüber gesprochen, welche Vorzüge es habe, sich auf Nationalstaaten zurückzuziehen. Mal muss als Argument der vermeintliche Verlust kultureller Identität herhalten, mal der Drang nach mehr Kontrolle über die eigene Region. Und immer wieder werden Ängste vor Überfremdung geschürt. All dies sind komplexe Probleme, auf die es keine einfachen Antworten gibt. Politische und wirtschaftliche Zusammenhänge, bei denen kein „Basta“ oder das Streben nach „Great Again“ genügt, sondern der beschwerliche Weg hin zu einem Kompromiss. Wir erinnern uns an die Demonstrationen in Katalonien, an die ungeklärten Fragen rund um den Brexit und an Entwicklungen in den USA, die mitunter Fragezeichen hinterlassen. Unüberhörbar hat sich dabei ein neuer Rassismus in den politischen Diskurs eingeschlichen. Da gibt es eine Partei, die keinerlei Hehl aus Xenophobie macht und sich über ein Meinungsdiktat irgendwelcher Eliten beschwert, obwohl sie doch selbst alles dafür tut, anderen ihre Meinung zu diktieren. Leider scheut sich auch manch etablierte Partei nicht, einfache Lösungen angesichts komplexer Probleme anzubieten – man blicke nur auf die bevorstehende Landtagswahl in Bayern. Dies steht im Kontrast zu Entwicklungen innerhalb der Gesellschaft Jesu. Von Anfang an als internationaler Orden gegründet, leben und arbeiten Jesuiten oft im Ausland. Provinzen entstehen, die sich über Ländergrenzen hinweg erstrecken und Jesuiten, die sich vorher nie gesehen haben, finden sich in internationalen Kommunitäten zusammen. Und man staune: Es klappt. Nicht immer reibungslos und spannungsfrei. Doch es gelingt – sogar ziemlich gut. Wir laden Sie ein, in dieser Ausgabe von Jesuiten und deren Erfahrungen weltweit zu lesen. Wir laden Sie ein, zu hören, was auch andere von der Freude am Leben mitten in der Welt berichten. Ausgehend vom Ausspruch des Jesuiten Jérôme Nadal: „Die Welt ist unser Haus“ fragen wir uns außerdem: Ist es möglich als Christ Nationalist zu sein? Holger Adler SJ Marco Hubrig SJ Dag Heinrichowski SJ 1 JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS

Jérôme Nadal: „Die Welt ist unser Haus“ „Die Welt ist unser Haus.“ So einen Satz kann nur sagen und vor allem nur leben, wer innerhalb der Freiheit, die ihn in die Welt führt, tief verwurzelt ist. Welche Wurzeln hatte Jérôme Nadal SJ (15071580)? Er wurde auf Mallorca geboren und stammte aus einer vornehmen Familie von Conversos, vor Generationen zum Katholizismus konvertierten Juden. Die ersten Begegnungen mit den Gefährten des Ignatius bei ihren Studien in Alcalá und später in Paris zeigen seinen starken und eigenständigen Charakter, obwohl die „Freunde im Herrn“ ihn mit allen Mitteln für ihre Gruppe zu gewinnen versuchten, gab er ihrem Werben nicht nach. Paradigmatisch für seine Reaktion ist eine Begegnung mit Ignatius in Paris, ein letzter Versuch, ihn zu überzeugen. Nadal zückte das Neue Testament, hielt es Ignatius entgegen und sagte: „Ich will diesem Buch folgen; wo ihr landen werdet, weiß ich nicht. Schweigt davon und lasst mich in Zukunft in Ruhe.“ Die kleine Episode zeigt Nadals Charakterstärke und seine Liebe zur Heiligen Schrift. Er hatte eine ausgezeichnete humanistische Bildung, beherrschte außer Latein auch Griechisch und Hebräisch und verfügte über umfassende Kenntnisse der Kirchenväter und der scholastischen Autoren. Charakterstärke hin oder her – am Ende trat er doch in die Gesellschaft Jesu ein, aber erst fast 20 Jahre später, nachdem er die Exerzitien gemacht hatte. Nadals Liebe zum Neuen Testament blieb, aber sie entfaltete sich neu und anders in der ignatianischen Betrachtungsweise. Ein Eintrag in seinem Tagebuch gibt davon ein deutliches Zeugnis: „Die Betrachtung und Beschauung des Lebens Christi im Verspüren des Geistes ersetzen, was die Apostel und Jünger Christi leibhaft geschaut haben.“ (Orat. Ob. 391) Das Neue Testament war nun nicht mehr nur in seiner Hand und in seinem Verstand, sondern er war selbst darin, war als Jesuit mit Jesus unterwegs wie die Apostel im Evangelium. Der Apostel Paulus wurde ihm dabei zum Vorbild, oder jedenfalls nahm er sich vor ihn zu lesen und schrieb „Paulus legendus (Paulus muss man lesen!)“ in sein Tagebuch (Orat. Ob. 507). So mancher Eintrag lässt erkennen, dass er ihn nicht nur gelesen, sondern auch verinnerlicht hat: „Wenn wir andächtig die heilige Eucharistie empfangen, wer2 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS Wer Jesus kennen und lieben gelernt hat, findet den Geliebten in allen Dingen wieder.

den uns nicht nur die Geheimnisse des Leidens und des Todes Christi, sondern seines ganzen Lebens und seiner Auferstehung eingeprägt, so dass wir sagen können: „Wir leben, aber nicht mehr wir, sondern Christus lebt in uns [Gal 2,20]. Außerdem dies, dass wir sagen können: ‚Wir verspüren in uns, was in Christus Jesus ist“ [Phil 2,5] (Orat. Ob. 742) „Die Welt ist unser Haus“ – ist das nicht eben die Konsequenz dieser Beheimatung an der Seite Jesu und der Prägung des eigenen Lebens durch das seine? Denn wer in den Exerzitien Jesus kennenlernt und ihm nachfolgt, wird auch vor Jesu Himmelfahrt von ihm ausgesandt: „Geht hinaus in die ganze Welt und verkündet das Evangelium der ganzen Schöpfung!“ (Mk 16,15) Nadals Wort von der Welt als Haus gibt Zeugnis von dieser Sendung der Jesuiten, die aus ihrer Nähe zu Jesus entspringt. Diese Nähe ist zugleich der tiefste Grund für eine weitere Formulierung Nadals: Er bezeichnete Ignatius als contemplativus in actione (beschaulich im Tun), weil er in allen Dingen Gott finde. Die Nähe, die derjenige erfährt, der die Geheimnisse des Lebens Jesu betrachtet, endet nicht mit der Himmelfahrt, geht aber auch nicht einfach weiter, sondern birgt sich im Geheimnis des dreifaltigen Gottes und seinem Wirken in der Welt. Wer Jesus kennen und lieben gelernt hat, findet den Geliebten in allen Dingen wieder. Daheim und in der Welt, im Größten wie im Kleinsten. Igna Kramp CJ 3 JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS © Margie/photocase.com

Hineinwachsen in die weltweite Gesellschaft – Tertiat Die Welt in einem Haus. Nach 13 Jahren als Jesuit, brach auch ich auf zum letzten Ausbildungsabschnitt eines Jesuiten: dem Tertiat (Siehe Kasten). Dafür gehen so gut wie alle ins Ausland, damit wir die Internationalität des Ordens nicht nur als Gruppe, sondern auch geografisch erfahren. Mein Ziel war Melbourne/Australien. Dort im Haus der Jesuiten war wirklich die Welt zu Hause. Neun Jesuiten begannen dort im Januar 2016 ihr Tertiat. Wir kamen aus den USA, Jamaika, Brasilien, Philippinen, Italien, Deutschland, Malaysia, Vietnam und Japan. In dieser Zeit knüpft man internationale Freundschaften. Dort lernte ich auch Jun Nakai SJ aus Japan kennen. Gemeinsam erinnern wir uns an die Zeit in Australien. Holger Adler: Als ich in Australien ankam, hatte ich nicht das Gefühl, fremd zu sein. Wie ging es dir? Jun Nakai: Eigentlich genauso. Unser Tertiatsbegleiter, Pater Steven Curtin, hat uns sofort zu Hause fühlen lassen. Das war eine schöne Erfahrung. Er hat betont, dass das Tertiat die Schule der Liebe sei. Das Verhältnis von Freizeit und unseren Arbeitssitzungen war sehr ausgewogen, sodass wir die Zeit nutzen konnten, für Freundschaften, aber auch für Ausflüge oder stille Momente. Wir haben uns als Gruppe schnell gefunden und sind sehr gut miteinander ausgekommen, wenn wir mal von persönlichen und normalen Spannungen absehen. Was war für dich schwierig? Holger Adler: Am Anfang waren die unterschiedlichen Aussprachen der englischen Sprache sehr schwer für mich. Wobei mein German-English bestimmt genauso schwer war für die anderen. Aber mir wurde schnell klar, wie wichtig eine gemeinsame Sprache ist, um miteinander zu leben und sich austauschen zu können. Spannend und neu war für mich, wie herzlich, warm und mitbrüderlich die australischen Jesuiten miteinander sind und sich umeinander kümmern. Wir Nordlichter sind da oft etwas kühler und sachlicher. Aber mir hat das gutgetan und ich habe das mitgenommen. In der Zeit in Australien hat für mich Nadals Satz „Die Welt ist unser Haus“ Leben bekommen. Inzwischen bedeutet er mir wirklich viel. Jun Nakai: Für mich ist dieser Satz sehr herausfordernd. Wir neigen doch alle dazu, uns auf das zu konzentrieren, was wir an einem bestimmten Ort tun, und verlieren die Weitsicht. Sich an die Freunde in der Welt zu erinnern und mit ihnen verbunden zu sein, da wird eine Kraft spürSCHWERPUNKT 4 JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS

5 JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS bar, die uns hilft zu dienen und zu leben. Die Freundschaft mit dir und Trieu Nguyen SJ (Nürnberg) hat mir beispielsweise geholfen, mich mit Deutschland verbunden zu fühlen. Ich konnte feststellen, dass die deutsche Provinz eine junge Generation hat, die voller Großzügigkeit, Kreativität und Humor ist. Ich habe die Zeit mit euch sehr genossen und viel von euch gelernt – wie man das Leben genießt und wie man Freundschaft pflegt. Durch euch beide habe ich Deutschland lieben gelernt, obwohl ich noch nie da war. Wie lebst du diesen Satz? Holger Adler: Für mich war es ähnlich wie bei dir. Die internationale Erfahrung in Australien war eine neue Erfahrung, denn ich habe noch nie eine so lange Zeit im Ausland verbracht. Es gibt trotz aller Unterschiede unter uns, etwas, was verbindet: die gemeinsame jesuitische Prägung. Dieser Gemeinsinn im Orden hört eben nicht an der Landesgrenze auf. Manche würden das vielleicht als „Stallgeruch“ bezeichnen, aber das hat mir noch nie gefallen. Sondern es ist eine starke ideelle Verbundenheit. Hinzu kommt: Wir beide haben ja bei unserem ersten pastoralen Einsatz in Australien, in ähnlichen Gegenden eines sehr stark erfahren: nämlich die unglaubliche herzliche Gastfreundschaft der Australier, die so weit geht, dass sie alles liegen und stehen lassen, um sich um den Gast zu kümmern. Jun Nakai: Ja dort sind sogar die Hunde gastfreundlich. (Beide lachen) Weißt du noch, als wir in einem Reservoir für Koala-Bären unterwegs waren und partout keine finden konnten? Wir sind von Baum zu Baum gegangen, aber sahen nichts. Auf einmal kam ein Hund zu uns, der uns animiert hat, ihm zu folgen, und er führte uns zu den Bäumen, auf denen die Koalas schliefen. Auf einmal waren dort so viele. Wenn das nicht ein Bild für Gastfreundlichkeit ist. Was hast Du noch in Australien gelernt? Holger Adler: Eigentlich habe ich zwei Dinge gelernt. Es braucht einen Gemeinsinn, zu dem sich alle bekennen, und dazu ein gastfreundliches und großzügiges Herz. Dann könnte Nadals Satz auch in anderen Lebensbereichen funktionieren. Tertiat Mindestens zehn Jahre dauert die Ausbildungszeit im Jesuitenorden. Der letzte Ausbildungsabschnitt ist das Tertiat und dauert meist zwischen sechs und acht Monaten. Entsprechend der Sicht des Ordensgründers ist es die „abschließende Erprobung“ nach der Zulassung zum Noviziat und dem Noviziat selbst. In dieser Zeit reflektieren die Tertiarier die Praxis ihres eigenen JesuitSeins, sie setzen sich intensiv mit der Geschichte und Spiritualität des Ordens auseinander und machen erneut die 30-tägigen Exerzitien. Nach dem Tertiat kann mit der Ablegung der „letzten“ Gelübde die endgültige Eingliederung in den Orden erfolgen.

6 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS Europa – ein fragmentierter Ort In den letzten Jahren gab es einen großen Umbruch in der europäischen Politik. Jahrzehntelang schien sich Europa zu einem kohärenteren Ganzen zusammenzuschließen. Jetzt aber hatten wir die Abstimmung über den Brexit, haben den Umbruch in Katalonien und haben immigrationsfeindliche sowie nationalistische Bewegungen in vielen Ländern. Wie lassen sich die heutigen Tendenzen zu Fragmentierung und Nationalismus erklären? Liegt es daran, dass Menschen sich in einer globalisierten Welt verloren fühlen und ihre Identität betonen müssen? Ist es die Tatsache, dass die Europäische Union als zu weit weg und bürokratisch angesehen wird? Hat sich Europa mit der Globalisierung überfordert und ist das eine natürliche „Korrektur“? Ist das weltweite politische System gebrochen und die Migration das dramatischste Symptom? Aus der Asche des Zweiten Weltkriegs wurde die Europäische Union geboren. Es gab einen Paradigmenwechsel in Bezug auf die gemeinsame Nutzung der natürlichen Ressourcen. Was auch immer das Problem war, Zusammenarbeit und Dialog waren die Lösungen. Ein neues Europa wurde erdacht. Aber dieser Krieg ist jetzt nur noch eine ferne Erinnerung. Der Gründungsmythos der EU funktioniert sowohl für junge Menschen wie für die älteren Generationen schlecht. Es ist klar, dass Europa eine neue Erzählung braucht. Die Kirche und ihre Soziallehre spielen eine wichtige Rolle bei der Gestaltung dieser neuen Erzählung. In der Gesellschaft Jesu gehen wir gegen diese Flut des spaltenden Nationalismus vor. Die fünf Provinzen Spaniens haben sich 2014 zusammengeschlossen. Ungarn, Österreich, Deutschland, Litauen-Lettland und die Schweiz sollen in wenigen Jahren eine neue Provinz bilden. Russland wird sich mit Nord-Polen und die Ukraine mit Süd-Polen verbinden. Durch aufmerksamen Dialog, nicht ohne Spannungen, wird eine neue Zukunft erdacht. Aktives Zuhören und kontemplativer Dialog sind die Werkzeuge, die wir brauchen, mit Respekt als starkem Fundament. Unsere Mission ist Versöhnung. Wir wollen sie praktizieren, modellieren und fördern. Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die die Provinzen zusammenbringen. Wir sind uns bewusst, dass wir eine globalere Perspektive brauchen, um die Probleme anzugehen. Wir sehen, dass die Horizonte der Provinzen zu klein sein können. Ein Provinzial kann etwas entscheiden, was wie eine wichtige Initiative in seiner Provinz aussieht; aber wenn er das Blickfeld auf einen größeren geographischen Kontext erweitert, sieht er, dass er eine andere Entscheidung treffen muss. Das ist die ignatianische Einladung des 21. Jahrhunderts: das Allgemeinwohl ernst zu nehmen,

JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS 7 ohne die lokalen kulturellen und pastoralen Bedürfnisse zu opfern. Die Bildung neuer Provinzen zeugt von Großzügigkeit, von der Fähigkeit, interkulturell zu leben und eine größere Vision zu haben. Die Gesellschaft Jesu kann denjenigen, die Angst vor der Globalisierung haben, zeigen, dass sie nicht auf Kosten der lokalen Kulturen und Traditionen, Sprachen und Ideen gehen muss. Ein echter Dialog ist notwendig, der kompromisslos nach der Wahrheit sucht. Wir brauchen die Wahrheit. Wir können nur dann sicher vorankommen, wenn unsere Gesellschaften auf Wahrheit statt auf Angst, auf Phantasie statt auf schalen Lösungen beruhen. Dazu brauchen wir Leader und Bürger mit Phantasie, die keine Angst haben zu träumen. Was können unsere Jesuitenschulen und Universitäten, unsere Pfarreien und Sozialzentren tun, um die Phantasie zu wecken? Wie können wir helfen, uns ein anderes Europa, eine andere Kirche und eine andere Gesellschaft Jesu vorzustellen? Der Prophet Jesaja beschuldigte die Menschen nicht wegen ihrer Misserfolge, sondern sagte: „Siehe, nun mache ich etwas Neues“. Er malte ihnen ein Bild der Zukunft und half ihnen, sich danach zu sehnen. Er sprach davon, dass Täler hochgezogen werden, Berge niedrig gemacht werden, Wasser in der Wüste fließt und Blumen sprießen. Wir müssen ein Bild von einem neuen Europa zeichnen. Mein Bild wäre ein solidarisches Volk mit einer Leidenschaft für Gerechtigkeit und Frieden. Ein Volk, das ein Mosaik von Sprachen und Kulturen darstellt, die in Freiheit zusammenleben; einander respektieren, vergeben und sich versöhnen. Ein Europa, in dem die Verwundeten geheilt werden, die Armen versorgt werden, Migranten ein Zuhause erhalten und die Politik der Einheit der Welt gefördert wird. Die Menschen sehnen sich nach Visionen. Sie sind es leid, technische Lösungen für große Probleme zu finden. Tief im Inneren wissen sie, dass diese technischen Lösungen keine nachhaltigen Ergebnisse bringen. Wir brauchen keine Angst zu haben. Lassen Sie uns glauben, dass unsere Botschaft Veränderung bringen und befreien kann. John Dardis SJ Aus dem Englischen übersetzt von Marco Hubrig SJ Hat sich Europa mit der Globalisierung überfordert und ist das eine natürliche „Korrektur“?

Alle Wege führen nach Rom Zugegeben – es ist ein Privileg in einer Stadt zu leben, in der Millionen andere Urlaub machen. Wenn ich meine Kommunität verlasse, strömen Touristen mit offenen Augen und Mündern an mir vorbei und bestaunen die Schönheit der Ewigen Stadt. Und auch ich bestaune sie, die antiken, romanischen und barocken Gebäude und Kirchen oder das, was man noch von ihnen sieht. Von Goethe ist folgendes Zitat überliefert: „Ich kann sagen, dass ich nur in Rom empfunden habe, was eigentlich ein Mensch sei. Zu dieser Höhe, zu diesem Glück der Empfindung bin ich später nie wiedergekommen.“ Nun ja – ganz so stark möchte ich es nicht formulieren. Ganz sicher ist Rom nicht die Welt – aber die Welt ist in Rom. Diese Stadt ist ja nicht nur Hauptstadt Italiens und damit Bühne sämtlicher politischer Debatten dieses Landes. Aufstieg und Fall so mancher Regierung kann man hier hautnah erleben. Mit all der inzwischen oft zynischen und wenig lustigen Schärfe, die dies beinhaltet. Rom ist die Hauptstadt der katholischen Kirche – den Vatikan in greifbarer Nähe; und damit ist Rom auch Hauptstadt des Gesellschaft Jesu. Die Nähe zur Generalskurie ermöglicht es, mit Mitbrüdern im Gespräch zu sein und aktuelle Diskussionen mitzuerleben. Mit etwa 500 Mitbrüdern aus allen Kontinenten (na gut – die Antarktis fehlt) stellt Rom nicht nur die größte Jesuitenpräsenz weltweit an einem Ort, sondern auch die internationalste dar. Wenn ich dabei Prozesse der Unterscheidung und Entscheidung beobachte oder darin involviert bin, bekomme ich eine Ahnung davon, wie anstrengend es auf politisch internationaler Ebene sein muss. Diskussionen, Abwägungen und letztlich immer wieder das Ringen um einen Kompromiss, mit dem alle leben können: das erlebe ich hier in Rom hautnah. Auch bei mir im Haus, einer Kommunität mit 75 Mitbrüdern aus mindestens 40 Ländern. Aber gerade dies macht uns als Jesuiten ja aus: einerseits das eigene Haus verlassen und in die Welt gehen, anderseits die Welt im eigenen Haus willkommen heißen. Das ist nie ohne Spannung und jeder Kompromiss fordert es ein, zurückzustecken und um des größeren Ganzen wegen auch mal zu verzichten. Zu begreifen, was der andere will, ist auch nicht immer so leicht. Um hier nicht vorschnell defensiv zu reagie- 8 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS Zu begreifen, was der andere will, ist auch nicht immer leicht.

ren, hilft, was Ignatius schon im Exerzitienbuch unter der Nr. 22 schrieb: „… (es) ist vorauszusetzen, dass jeder gute Christ bereitwilliger sein muss, die Aussage des Nächsten zu retten, als sie zu verurteilen; und wenn er sie nicht retten kann, erkundige er sich, wie jener sie versteht…“ Retten statt verurteilen. Eine wahre Maxime der Kommunikation. Nicht zuletzt gilt gerade dieser Ausspruch auch für meine Ausbildung und Arbeit am Institut für Psychologie der Gregoriana in Rom. Auch sie ist ein internationales Ausbildungsinstitut – offen für alle, vor allen Dingen für diejenigen, die später einmal im Bereich Ordens- oder Priesterausbildung, Formation oder Grenzfragen der Spiritualität und Psychologie tätig sein werden. Ganz bewusst will dieses Institut ein weltweites sein, so dass darauf geschaut wird, dass die jeweils 16 jährlich neu aufgenommenen Kandidaten nicht nur intellektuell und menschlich geeignet erscheinen, sondern eben auch jeder Jahrgang ein internationaler ist – und es keine allzu großen kontinentalen Schieflagen gibt. Völlig verschiedene kulturelle und auch spirituelle Traditionen und Lebenserfahrungen kulminieren hier. Ein spannendes Arbeitsfeld, wenn man daran interessiert ist, zu sehen, wie die Botschaft Jesu über Länder- und Kulturgrenzen hinweg wirksam sein kann – ohne dass jede individuelle Tradition nivelliert werden muss. Für diese mich wirklich prägende Erfahrung bin ich sehr dankbar. Marco Hubrig SJ 9 JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS © Margie/photocase.com

Feinde in der Welt – Freunde im Herrn Schwierige Gespräche über drängende Themen. Ein gescheiterter Versuch, einen Witz zu machen. Familien an Orten zu treffen, von denen ich nie geträumt hätte, sie zu besuchen: Die letzten vier Jahre in internationalen Jesuitengemeinschaften, in Berkeley (Kalifornien) und in Rom (Italien) waren ein Geschenk, das durch viele Herausforderungen ergänzt wurde. Diese Erfahrung hat mir geholfen, Sensibilität für die Herausforderungen und den erstaunlichen Mut von Menschen zu entwickeln, die außerhalb ihrer Heimatkultur leben. Eine Herausforderung ist die Sprache. Eine effektive Kommunikation kann auch unter Muttersprachlern eine Herausforderung sein, aber im Allgemeinen gibt es eine Reihe von gemeinsamen Bedeutungen, verbalen und nonverbalen Nuancen. Wenn die Sprachfähigkeiten ungleich sind, oder wenn jeder darum kämpft, eine neue Sprache zu lernen, ist es sehr schwierig, andere zu kennen und mit ihnen zu kommunizieren und Nuancen zu erfassen. Witze sind besonders schwer zu vermitteln. Manchmal trage ich eine Jacke mit „CP“ auf der 10 SCHWERPUNKT

Vorderseite. Es steht für Creighton Prep, eine Jesuitenschule in den USA. Einmal fragte mich ein Jesuit nach der Bedeutung und ich machte einen Routinewitz, der in den USA für Gelächter sorgt: Ich sagte, es bedeute „Kommunistische Partei“. Hier in meiner römischen Kommunität hat jedoch niemand gelacht. Mir wurde sofort klar, dass drei polnische Jesuiten anwesend waren. Für sie ist der Kommunismus kein Witz. Es erfordert Engagement, Geduld und Mut, eine Fremdsprache zu sprechen und Vertrauen sowie Freundschaft in interkulturellen Gemeinschaften aufzubauen. In Berkeley lud ich Jesuiten aus Indien und Kenia ein, um mit mir in meine Heimat Wisconsin zu reisen. Es war eine Freude, die Gaben meiner Kultur mit ihnen zu teilen: Familientraditionen, den Milch-Bauernhof meiner Paten, unsere Lieblingsbratwurst, Käse und Bier und sogar ein Spiel der American Football Mannschaft. Vor kurzem luden mich Jesuitenfreunde ein, ihre Heimat in Kenia und im Libanon zu besuchen. Ich hatte das Privileg, ihre Familien zu treffen, Orte und Menschen zu sehen, die ihnen wichtig sind, die besten Gerichte ihrer Kulturen zu probieren und ihre einzigartige Liturgie mit Tanz und Feierlichkeit zu erleben. Schließlich bietet das interkulturelle Leben eine einzigartige Gelegenheit, sich über schwierige Themen zu unterhalten. Es kann schockierend sein, einen anderen Jesuiten sagen zu hören, dass es in seinem Land keine Schwulen gäbe oder ihre Verwunderung zu spüren, wenn ich über die Anwesenheit und Gabe von schwulen Jesuiten in den USA spreche. Manchmal erkennt ein Jesuit an, dass das Thema in seiner Kultur tabu ist, aber es trotzdem sehr wichtig ist, darüber zu sprechen. Das interkulturelle Leben bietet die Möglichkeit, internationale Themen mit anderen Beteiligten zu diskutieren. Ich kann mit koreanischen Jesuiten über die Rolle der USA auf der koreanischen Halbinsel sprechen. Als die USA Syrien bombardierten und sie ihre Botschaft nach Jerusalem verlegten, sprach ich mit Jesuiten aus dem Nahen Osten über ihre Perspektiven für das Vorgehen meiner Regierung. Diese Gespräche, obwohl schwierig, sind eine der vielen Gaben, Mitglied einer internationalen Gesellschaft zu sein. Die Kirche ist berufen, ein Sakrament unserer Vereinigung mit Gott und untereinander zu sein. Interkulturelles Leben, bietet die Möglichkeit, dieses Zeichen der Einheit zu sein. Gemeinschaft wird immer Unterschiede und Konflikte mit sich bringen, aber auch Begegnung, geduldiges Vertrauen und gegenseitiges Teilen von Gaben, Zeichen der Herrschaft Gottes. Luke Hansen SJ Aus dem Englischen übersetzt von Marco Hubrig SJ 11 JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS © Margie/photocase.com

12 JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS SCHWERPUNKT Eine Christin darf niemals Nationalistin sein! Kann eine Christin Nationalistin sein? Natürlich. Es gibt eine Reihe von Menschen, die sich im politisch rechten Spektrum bewegen und sich zum Christentum bekennen. Alice Weidel etwa antwortete einst auf die Frage, woran sie glaube: „An Jesus Christus.“ Den Glauben kann ihr niemand absprechen. Ihre politische Verortung in der AfD allerdings auch nicht. Man kann also beides sein: Christin und Nationalistin. Doch „Können“ im Sinne von „in der Lage sein“ ist nicht dasselbe wie „Können“ im Sinne von „darf das sein?“. Alfred Delps Antwort war klar: Das kann, das darf nicht sein: „Ein Christ kann niemals Nationalist sein.“ Das zu sagen, war mutig zu seiner Zeit. Damals, in der NaziDiktatur. Als Delp Juden half. Und sich in Lebensgefahr brachte. Als er unbeugsam war. Und hingerichtet wurde. „Wo Konflikt ist, muss gefochten werden, ohne Kompromiss und Feigheit.“ Danach lebte der Jesuit. Deshalb starb er. Wie leicht wäre es, heute zu sagen, ein Christ kann niemals Nationalist sein! Wie einfach wäre es, kompromisslos und mutig zu sein! Doch wie feige wir sind. Ohne aufrechten Gang. Ohne Rückgrat. Wir hängen unser Fähnlein nach dem Wind. Und laufen rechten Parolen hinterher. Wir kleben an der Macht. Und schauen weg. Wir sprechen von „Illegalen“. Und meinen Menschen. Wir reden von „Rückführung“. Und meinen Abschottung. Wir bauen Abschiebegefängnisse in der Nähe von Flughäfen; dort, wo andere in die Ferien fliegen. Und erkennen nicht, wie zynisch das ist. Wir reden von „Anker-Zentren“, „Ausschiffungsplattformen“. Und meinen geschlossene Lager, Gefängnissen gleich. Wir wollen solche Lager. In Europa. Und Nordafrika. Und nennen das eine „gute Botschaft“. Als ginge es um uns. Und nicht um Flüchtlinge. Wir schotten uns ab. Und kümmern uns nicht um das Schicksal von Menschen: den gefolterten Mann; die vergewaltigte Frau; das traumatisierte Kind. Wir lassen Schutzsuchende im Mittelmeer ertrinken. Und ignorieren die völkerrechtliche Pflicht zur Rettung von Menschen in Seenot. Wir verweigern Rettungsschiffen das Anlegen in europäischen Häfen, ja, wir erstatten sogar Strafanzeige gegen die Crew. Und stellen uns taub, wenn die UNO uns warnt. Wir nehmen Leiden und Tod von Geflüchteten in Kauf. Und sehen weg. Wir sagen, „Recht und Ordnung müssen in diesem Land wiederhergestellt werden“. Und vergessen, dass auch Artikel 1 des Grundgesetzes zu diesem Recht gehört, © Margie/photocase.com

JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS 13 der die Würde des Menschen für unantastbar erklärt. Die des Menschen. Nicht des Deutschen. Nicht des Bayern. Nicht des Parteivorsitzenden. Nicht des Ministerpräsidenten. Wir reden davon, dass „die bestehende Ordnung, die wir alle kennen und lieben“, zu Ende geht; davon, dass sich „die Bürger (…) nicht sorgen müssen und ihrem Leben nachgehen können“. Und verkennen, dass es uns noch nie so gut ging wie heute. Wir warnen vor der „Polarisierung der Gesellschaft“. Und polarisieren selbst nach Kräften. Wir lassen es zu, dass die Sprache uns vergiftet. Das „Denkmal der Schande“. Der „Asyltourismus“. Die „Abschiebe-Industrie“. Und wehren uns nicht. Wir hängen Kreuze auf. Und verhalten uns unchristlich. Wir glauben an Jesus Christus. Und lehnen die Nächstenliebe ab. Und wenn wir uns wehren, werden wir als „selbsternannte Moralapostel“ diffamiert. Als hätten wir kein Rechtsbewusstsein. Als seien wir keine Christen. Es stimmt: „Wo Konflikt ist, muss gefochten werden, ohne Kompromiss und Feigheit.“ Besonders heute, da mehr als nur rechte Parolen salonfähig geworden sind. Nein! Eine Christin kann niemals Nationalistin sein. Mehr noch: Eine Christin darf niemals Nationalistin sein. Beatrice von Weizsäcker

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Die Welt als Tauchgang Jan Sjoerds lebte zehn Jahre auf der Straße. Die Welt war, im buchstäblichen Sinne, sein Haus. Jenseits von Abenteuerlust haben ihn vielschichtige Gründe auf die Straße geführt. Im Rahmen eines Begegnungsprojekts mit Obdachlosen in der Katholischen Akademie Hamburg sprach ich mit ihm über seine Erfahrungen in einer Welt, die sein Haus (nicht) war. „Das Merkwürdige ist, dass ich mich besonders am Anfang meiner Obdachlosigkeit von der Welt seelisch abgewandt hatte, so als ob ich in der Ecke stand. Mein ‚Inder-Welt-sein‘ habe ich so empfunden: ich stand in der Ecke. Die Gesellschaft lief weiter, aber ich wollte nichts mehr mit ihr zu tun haben. Der Grund dafür war, dass ich durch das Ende einer Beziehung seelisch tief enttäuscht und verletzt worden war.“ Der gelernte Schauspieler überrascht mich, wie so oft, mit seiner Belesenheit: „Der Philosoph Merleau-Ponty schreibt einmal, dass es viele Welten gibt. Mit meiner Tochter z.B. blieb ich in Kontakt. Sie kam auch ab und zu und hat einige Tage neben mir im Schlafsack geschlafen.“ Die verlassene Welt – Familie, eigenes Haus, Schauspielberuf – blieb also teilweise verwoben mit dem offenen Horizont, der sich nun der ungesicherten Existenz darbot. „Ein Freiheitsgefühl habe ich dabei nicht empfunden. Eher das Gefühl, unter Wasser gedrückt zu werden. Aber dieses Gefühl, nach Luft zu ringen, hat in mir Kräfte freigesetzt. Ich war in meiner ganzen Obdachlosigkeit – und im Unterschied zu meinem früheren Leben – nie depressiv, sondern eher kraftvoll, kämpfen-wollend, auf der Suche nach neuen Wegen, mich selbst disziplinierend. Früher war ich manchmal so voller Trauer, dass ich keinen Ausweg sah. Und jetzt, als Obdachloser, war es merkwürdigerweise so, als ob ich verlorene Kräfte zurückgewann. Sogar eine Spielsucht habe ich überwunden, die mich lange gefangen hielt. Und ich habe meinen Glauben wiederentdeckt, oft das Vaterunser gebetet.“ Bleibt die Frage, wie er zurückgefunden hat in eine Welt, die wieder mehr war als eine Abkehr-von-der-Welt. „Paradoxerweise durch das, was mich ursprünglich verletzt hatte und mich mein altes Leben verlassen ließ: die Liebe. Die Liebe zu einem wahren Freund, zu meinen Kindern und Enkelkindern. Ich habe auf der Straße die verwandelnde Kraft der Liebe neu erfahren, die Liebe, von der das Evangelium spricht. Sie ist das Fundament, auf dem das Haus der Welt zu stehen kommt.“ Jan Roser SJ Jan Sjoerds SCHWERPUNKT 15 JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS © Margie/photocase.com

Begeistert von der heutigen Welt 28. September 1991. Ich sitze im Flugzeug Richtung Toulouse, wo ich – mit 24 Jahren – ins Postulat meines Ordens, la Xavière, eintreten werde. Dafür habe ich meine Heimat, Deutschland, für immer verlassen. In der Hand halte ich ein kleines Holzkreuz, das mir ein guter Freund geschenkt hat. Ich heule Rotz und Wasser. Alles zu verlassen, Familie, Freunde und Land macht mir wohl doch mehr aus, als ich dachte. Und trotzdem spüre ich in mir einen großen inneren Frieden, den mir das kleine Holzkreuz vermittelt. Christus war dort, wo ich gerade herkomme, er ist mit mir in diesem Flugzeug und er erwartet mich dort, wo ich in einer Stunde ankommen werde. In mir wächst die Zuversicht, dass meine Heimat in Gott ist, egal wo ich wohne und lebe. Seither habe ich in Toulouse, Meudon, Créteil, Paris, Beaumont de Pertuis, Marseille und Hamburg gelebt. Die Zuversicht, in Gott meine Heimat zu haben, wächst bis heute weiter. Zugegeben, das war und ist nicht immer einfach. Ich hatte bereits zwei Jahre in Marseille als Au-Pair und Studentin gelebt. Zwei unglaublich intensive und erlebnisreiche Jahre, in denen ich meine Berufung entdeckt hatte und alles vorbehaltlos toll fand. Das änderte sich, als ich dann in den Orden eintrat: Ich wurde empfindlicher. Kulturelle Unterschiede wie die Essgewohnheiten, das Verhältnis zur Disziplin, das Kirche sein in Frankreich und die Politik musste ich nun hinnehmen ohne denken zu können, es ist ja nur für ein Jahr. Dazu die Sprache: Freundschaftliche Gespräche, geistlicher Austausch in der Gemeinschaft, Sakramente, Verwaltung, Studium, Prüfungen, Diplomarbeit, Seelsorge: alles war ausschließlich auf Französisch. Intellektuell fiel mir das nicht schwer, aber für immer so zu leben, rief in mir teilweise heftige Widerstände hervor. Viele Phasen haben sich abgewechselt. Dabei gab es auch die Angst, einen Teil meiner Identität zu verlieren, nie ganz dazu zu gehören…. In der Gemeinschaft haben wir auch gerungen, bis wir uns gegenseitig sagen konnten: Wir können in einem Land Ausländerinnen sein, aber nicht in unserer 16 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS Dabei gab es auch die Angst, einen Teil meiner Identität zu verlieren. © Margie/photocase.com

Gemeinschaft. Hier sind wir Schwestern in Christus. Als diese eigentlich banale Aussage zur gelebten Erfahrung wurde, war ich zu Hause angekommen. Auch heute erfahre ich immer neu, dass nur der gemeinsame Blick auf Gott wirkliche Gemeinschaft und Heimat stiftet. Seit wir 2012 in Hamburg eine Niederlassung gegründet haben, durfte ich diese Erfahrung noch einmal ganz neu machen. Unsere Gründerin Claire Monestes hat 1921 den Namen „Xavière“ gewählt. Sie wählte Franz Xaver SJ als Ordenspatron wegen seiner Leidenschaft, zu den Menschen zu gehen, denen die Kirche fern war. Im damaligen Frankreich, das gerade eine radikale Trennung von Staat und Kirche erlebt hatte, war ihr bewusst, dass man nicht mehr nach Asien gehen musste, um diesen Menschen zu begegnen, sondern dass es diese auch immer zahlreicher im eigenen Land gab. Von Anfang an lebten und arbeiteten wir mitten unter den Menschen, in allen Milieus und Berufen. Es gab nie eine Ordenstracht und viele von uns konnten oftmals nicht einmal offiziell sagen, dass sie Ordensschwestern waren. „Lasst uns von der heutigen Welt begeistert sein und nicht von der gestrigen. Wir wollen uns immer neu auf sie einlassen.“ Das ist eine der Botschaften, die uns Claire mit auf den Weg gab. Bis heute möchten wir mit den Menschen dort leben und arbeiten, wo sie zu Hause sind in der tiefen Zuversicht, dass Christus schon dort ist und wir in Ihm, durch seinen heiligen Geist, in Gott gemeinsam unsere Heimat haben. Alle, ohne Ausnahme. Schwester Gudrun Steiß, Xavière 17

In der Welt, aber nicht von der Welt Vor fast zehn Jahren hat Papst Benedikt XVI. der Kirche in Deutschland ein Schlagwort hinterlassen: „Entweltlichung“. Sein Kritikpunkt damals: Die Kirche laufe Gefahr, mit sich selbst zufrieden zu sein, sich in der Welt einzurichten und selbstgenügsam zu sein. Eine Gefahr, auf die auch Papst Franziskus immer wieder hinweist. In Evangelii Gaudium schreibt er: „Mir ist eine ‚verbeulte’ Kirche, die verletzt und beschmutzt ist, weil sie auf die Straße hinausgegangen ist, lieber, als eine Kirche, die aufgrund ihrer Verschlossenheit und ihrer Bequemlichkeit, sich an die eigene Sicherheit zu klammern, krank ist. Ich will keine Kirche, die darum besorgt ist, der Mittelpunkt zu sein, und schließlich in einer Anhäufung von fixen Ideen und Streitigkeiten verstrickt ist.“ (EG 49) Eine Kirche, die zu sehr um sich selbst kreist und keinen Zugang zur Welt findet, macht sich selbst überflüssig. Sie ist „verweltlicht“, wenn sie immer nur besorgt ist, selbst der Mittelpunkt zu sein. Diese Kirche ist dann vielleicht von der Welt, aber nicht in der Welt. Ein Gegenentwurf dazu ist die Kirche, die im guten Sinne „ent-weltlicht“ ist: Ihr Haus ist die Welt, sie ist in der Welt, aber nicht von der Welt. Sie will die Welt verändern und hat ihr etwas zu sagen. Der flämische Arbeiterpriester Ägied van Broeckhoven SJ schreibt in seinem Tagebuch: „Wir müssen also herausfinden, wie die Menschen sich HEUTE nach Gott sehnen aus ihrem ganzen Herzen, ihrem Wesen, ihrem Leben; oder eher, wie Gott den Menschen die Sehnsucht nach ihm eingibt“ (17.10.1964). Die „Welt“ darf der Kirche nicht egal sein und gleichzeitig darf sie nicht in ihr aufgehen. Damit die Welt das Haus der Kirche sein kann, braucht es Kenntnis von der Welt. Um diese Kenntnis zu erlangen, muss sich die Kirche auf die Welt einlassen, wie auch Jesus sich ganz auf diese Welt eingelassen hat, ohne in ihr aufzugehen. In Broeckhovens Worten: „Die Gottessehnsucht in der Welt zu erkennen wird nur aus einer echten Begegnung mit der Welt heraus gelingen: Christi Menschwerdung.“ (25.11.1964). Karl Rahner spricht in Bezug auf die ignatianische Spiritualität von einer „Mystik der Weltfreudigkeit“. Die Welt ist der Ort, wo die Heilsgeschichte erfahrbar wird, so noch einmal Broeckhoven: „Wir haben den Menschen nicht allein die Heilsgeschichte zu verkündigen, wir müssen selber Heilsgeschichte werden, so wie Jesus Heilsgeschichte geworden ist.“ Dag Heinrichowski SJ 18 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS © deyangeorgiev/photocase.com

Mitten in der Welt zuhause fühlen Bei Francesca zu Hause ist alles in Rosa-, Pink-, und Lilatönen gehalten. Die pensionierte Sozialarbeiterin lebt mit ihren fünf (!) Katzen in einem Vorort von Mailand. Bei einer Couchsurfing-Reise sind wir ihr begegnet. Bekocht hat sie uns wie eine richtige italienische Mamma. Mitten in der Welt haben wir uns plötzlich richtig zu Hause gefühlt. Seit ihre vielen Kinder ausgezogen sind, sei es ihr zu ruhig gewesen, erzählt sie. Nach den fünf Katzen, die sich nachts zu uns ins Bett legen, hat Francesca sich also einen Account bei Couchsurfing angelegt. Gerade als wir es uns auf dem Sofa bequem machen, ruft eine ihrer Töchter an. Vorbeikommen darf sie nicht – die Wohnung ist einfach schon zu voll mit Gästen. Von unserer nächsten Station schicken wir Francesca eine Postkarte. Zurück kommt ein freudestrahlendes Selfie mit der Postkarte in der Hand: „Mit vielen Küssen von eurer italienischen Mamma.“ 20 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS

Unsere Erwartung vor der Reise war, dass Couchsurfing eher zweckorientiert funktioniert: Man schläft eben ohne etwas dafür zu bezahlen auf der Couch fremder Leute, weil es sich so günstiger reisen lässt. Echt praktisch für junge Leute. Unsere Eltern dagegen haben gessagt, sowas würden sie ja nicht mehr machen. Man legt sich einfach ein Profil auf dem Couchsurfing-Portal an und kann dann Leuten in den Orten, in denen man eine Schlafmöglichkeit braucht, Nachrichten mit der Anfrage zum Übernachten schicken. Im Idealfall kann jeder mal selber Gäste aufnehmen und auch anderswo Gast sein. Tatsächlich erhielten wir nicht nur Schlafgelegenheiten, sondern auch viele interessante Gespräche, Ausflüge in die Stadt, sowie Empfehlungen für unsere weitere Reiseroute – so wird die Welt zum Haus. Wieder in Berlin, haben wir uns bei einer anderen Art Couchsurfing angemeldet: Das Netzwerk „Schlafplatzorga“ vermittelt freie Schlafplätze bei Privatpersonen an Menschen ohne Aufenthaltstitel, die eine Unterkunft brauchen. Regelmäßig kriegen wir Anfragen vom Organisationsteam. Abends geht dann leise die Wohnungstür auf und die vermittelte Person verbringt eine Nacht auf unserem Hochbett im Flur. Meistens verlässt die Person uns morgens wieder genauso leise, wie sie gekommen ist. Manchmal gibt es aber auch gemeinsamen Kaffee oder Gespräche und neulich hat unser Gast Bananen fürs Frühstück mitgebracht! Josephine Schmidt und Atoscha Grünewald 21 JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS © Margie/photocase.com

Religiöse Heimat – eine Fuchshöhle? Ein Blick ins Neue Testament! Die Auskünfte zum Thema „Heimat“ sind nicht gerade freundlich. Ein gutwilliger Schriftgelehrter, der sich durchaus vorstellen kann, sich Jesus anzuschließen, wird mit einer ernüchternden Antwort stehen gelassen. Ihm wird deutlich gemacht, was er zu erwarten hat: „Die Füchse haben Höhlen und die Vögel des Himmels Nester; der Menschensohn aber hat keinen Ort, wo er sein Haupt hinlegen kann.“ (Mt 8, 20). So, wie Jesus ohne bleibende Stätte ist, so auch diejenigen, die später in seinem Geiste leben. Sie verstehen sich als vaterlandslose Gesellschaft, deren „Heimat im Himmel ist“ (Phil 3,2) und die sie in der Zukunft suchen (Hebr 13,14). Mag diese Auskunft unseren tief empfundenen Wunsch, irgendwo zu Hause zu sein, brüskieren und enttäuschen, so müssen wir ihr doch Recht geben. Wir sind, wenn wir es ehrlich bedenken, nicht Hiesige, sind nicht von hier. Die Erfahrungen lehren uns, dass wir hier in dieser Welt nicht sehr zu Hause sind. Wir wissen es schmerzlich, zumindest zeitweise oder stundenweise: Die Heimat, nach der wir uns sehnen, sieht anders aus, als was uns hier an Geborgenheit gegeben ist. All dies mit einer Einschränkung: Bei aller Hoffnung auf eine Heimat im Himmel gibt es Orte, wo wir zwischenzeitlich zu Hause sind, Unterstände für Pilger; es sind dies vor allem Menschen, bei denen wir, wenn auch kurz, doch so etwas wie Heimat erfahren. Kannte nicht auch Jesus solche Fuchshöhlen? War Bethanien mit seinen freundlichen Bewohnern nicht auch ein Stück Heimat für ihn, eine Gastfamilie, wo er zu Tische sitzen konnte, mit Lazarus zusammen, den er ausdrücklich seinen Freund nennt (Joh 11,7; 11,11)? Damit ist ein entscheidendes Stichwort gegeben: Freundschaft als Heimat. Eine vorzügliche Beziehung, die in sich die Kraft hat, ein Stück Geborgenheit zu schenken. Sie versichert, schützt und bewahrt. Wie sehr eine Freundschaft ein Geschenk ist, so sehr ist sie nicht einfach ein für alle Mal gegeben, muss gewollt und gepflegt werden. Für Freundschaft muss man Zeit haben, wenn man will, dass sie uns ein Stück Heimat bleibt. Ein Wort von Aristoteles ist in diesem Zusammenhang bedenkens22 JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS GEISTLICHER IMPULS Die Erfahrungen lehren uns, dass wir hier in dieser Welt nicht sehr zu Hause sind.

wert: Zum Erhalt einer Freundschaft sei es nötig, dass sich die Freunde von Zeit zu Zeit sehen. Also: richtig sehen, von Aug zu Aug, leibhaftig. Damit die Geborgenheit von einer freundschaftlichen Verbundenheit erfahren werden kann, braucht es solche nahen und zweckfreien Kontakte. Aber dieses Gesetz spricht auch da mit, wo es um religiöse Beheimatung geht. Worin immer diese besteht, sei es in Orten, die eine übernatürliche Kraft ausstrahlen, seien es Kirchen mit ihrer Aura, oder nicht zuletzt Menschen, die etwas von dem Licht und der Liebe Gottes widerspiegeln. Sie mögen für uns Gefühle des Zuhause-seins wecken, sind Halt und Ermutigung. Damit es so bleibt, müssen wir Kontakte pflegen, immer wieder an die entsprechenden Orte zurückgehen. Kirchen, die uns lieb geworden sind, werden es bleiben, wenn wir sie immer wieder besuchen, zu stillem Gebet, oder noch besser, zu Gottesdiensten, wo wir „mitten in der feiernden Gemeinde“ mitbeten und mitsingen, wo uns – welche Gnade! – Jesus entgegenkommt, der nichts hat, worauf er sein Haupt legt (Mt 8,20) und doch von sich sagt, „er sei nie allein“ (Joh 8,29). Hans Schaller SJ ©deyangeorgiev/photocase.com

NACHRICHTEN 24 JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS Neues aus dem Jesuitenorden Der Heilige Ignatius als Comic Den Lebensbericht des Hl. Ignatius gibt es nun auch als Comic zu lesen. Anlässlich der internationalen Ministrantenwallfahrt nach Rom hat die Zukunftswerkstatt SJ den Comic „Ignatius von Loyola – Auf der Suche nach MEHR“ entwickelt. Clemens Blattert SJ, Leiter der Werkstatt, wurde dabei kreativ unterstützt von Dr. Tobias Andrea, der den Comic gezeichnet hat. Ignatius, der sich als Pilger sah, wird als Patron der Suchenden dargestellt. „Trotz Krisen und zerbrochener Pläne, mit Gott kann Dein Weg gelingen!“ so lautet die Botschaft, erläutert Blattert. Deshalb schließt der Comic auch am Ende mit Tipps zur eigenen Berufungsklärung und Entscheidungsfindung. Zur Ministrantenwallfahrt verschenkte die Zukunftswerkstatt die komplette erste Auflage des Ignatius-Comic an alle Messdiener, die in Rom versammelt waren, ca. 35.000 Exemplare. Die Jugendlichen und jungen Erwachsenen fanden den Comic in ihrem Wallfahrtsgepäck. Bestellungen für den 70-seitigen Comic nimmt die Zukunftswerkstatt SJ übrigens unter zukunftswerkstatt@jesuiten.org entgegen. Jesuitenpater Mertes: Widerstandskämpfer Vorbild für Soldaten Bei der Gelöbnisfeier am Gedenktag des Hitler-Attentats vom 20. Juli 1944 hat Pater Klaus Mertes SJ das Vorbild der Widerstandskämpfer für die Bundeswehr hervorgehoben. Als Ehrengast der Veranstaltung auf dem Paradeplatz am Bendlerblock in Berlin-Tiergarten erinnerte er die teilnehmenden Rekrutinnen und Rekruten, „dass ihre Loyalitätspflicht gegenüber Befehlen da endet, wo von Ihnen verlangt wird, verbrecherischen Befehlen zu folgen, auch dann, wenn diese im Namen des Volkes ergehen“. Bei dem Appell gelobten die Soldaten, „der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen“. Der Jesuit erinnerte daran, dass die Widerstandskämpfer bis in die Nachkriegszeit als „Volksverräter“ bezeichnet wurden. Dieses Wort werde auch heute wieder „leichtfertig in den Mund genommen“, kritisierte Mertes. „Es ist ein empörender Skandal, dass die neuen Lautsprecher völkischen Denkens in Deutschland heute ausgerechnet © SJ-Bild

den Widerstand für sich vereinnahmen. „Das müsse ihnen verwehrt werden“, sagte Mertes unter dem Applaus der Ehrengäste im Ehrenhof des Bendlerblocks. Geformt von Exerzitien und geprägt durch Unterscheidung Vor dem Ignatiusfest haben sich in München die Ordensleitungen von Gemeinschaften mit ignatianischer Spiritualität getroffen. Die Ordensleute eint die gemeinsame Formung in den Exerzitien und die apostolische Ausrichtung aus der Reflexion der gelebten Wirklichkeit. Auf Einladung des Provinzials der Deutschen Provinz der Jesuiten, Pater Johannes Siebner SJ, kamen zu dem Treffen: Schwester Sabine Adam CJ, Provinzoberin der Mitteleuropäischen Provinz der Congregatio Jesu, Schwester Christine Rod MC, die Regionalleiterin der Missionarinnen Christi sowie Schwester Stefanie Strobel sa, die Provinzoberin der Kongregation der Helferinnen, der Provinz „Zentraleuropa“. Um Erfahrungen bei der Zusammenlegung von Provinzen ging es im gemeinsamen Gespräch sowie um die Notwendigkeit einer Sensibilität für die kulturelle Vielfalt. Außerdem tauschten sich die Ordensleitungen über das Profil und die Schwerpunkte der einzelnen Gemeinschaften aus, die Herausforderungen in der Ausbildung des Nachwuchses sowie die Beziehungen zu den Bistümern. Eine gute und fruchtbare Begegnung der ignatianischen „Geschwister“, die hoffentlich eine Fortsetzung findet. 25 JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS Von links: Schwester Stefanie Strobel sa, die Provinzoberin der Kongregation der Helferinnen; Johannes Siebner SJ, Provinzial der Deutschen Provinz der Jesuiten; Schwester Christine Rod MC, die Regionalleiterin der Missionarinnen Christi; sowie Schwester Sabine Adam CJ, Provinzoberin der Mitteleuropäischen Provinz der Congregatio Jesu. © SJ-Bild/Dyckmans

Klaus Väthröder SJ übernimmt Leitung der Jesuitenmission Österreich Die Jesuitenmission der Provinz Österreich hat sich neu aufgestellt: Zum 31. Juli hat in Wien Pater Hans Tschiggerl SJ nach elf Jahren seine Arbeit als Geschäftsführer in der Jesuitenmission und als Verantwortlicher für den Jesuiten-Flüchtlingsdienst (JRS) in Österreich beendet. Verantwortlicher Leiter wird – zusätzlich zu seiner Tätigkeit als Missionsprokurator der Jesuitenmission Deutschland in Nürnberg – Pater Klaus Väthröder SJ. In Wien steht ihm als Geschäftsführerin Katrin Morales zur Seite, die bis jetzt in Wien für Projekte und Finanzen verantwortlich war. Den Abschied von Tschiggerl feierte der Orden Ende Juni mit einem Gottesdienst in der Wiener Jesuitenkirche und einem Sommerfest im Jesuitengarten. Weltweite Vereinigung und eine Ankündigung Im Juli ist in Loyola eine weltweite Vereinigung von Jesuiten-Universitäten und -Hochschulen gegründet worden. Der Generalobere Arturo Sosa SJ und der Sekretär für Hochschulbildung, Michael J. Garanzini SJ, unterzeichneten eine Charta zusammen mit Vertretern der sechs Provinziälekonferenzen in der Basilika des baskischen Wallfahrtsortes. Die „International Association of Jesuit Universities“ soll für das Sekretariat des Generaloberen koordinierend und beratend tätig sein, um das Hochschulapostolat der Gesellschaft Jesu weiterzuentwickeln. Das Treffen, an dem 300 Jesuiten und Mitarbeitende von Jesuitenuniversitäten aus der ganzen Welt teilnehmen, war vom spanischen König Felipe VI. eröffnet worden, der selber in Georgetown bei Jesuiten studiert hatte. In seiner Abschlussrede kündigte der Generalobere Sosa an, dass der Jesuitenorden die Seligsprechung von Pater Pedro Arrupe SJ, dem 28. Generaloberen des Ordens, vorantreiben will. „Wir stehen noch ganz am Anfang des Prozesses, aber der Kardinalvikar von Rom, Angelo de Donatis, hat der Diözese Rom – wo Arrupe starb – seine Zustimmung gegeben, den Prozess der Seligsprechung zu eröffnen“, sagte Sosa. Er bat um Gebete für die Seligsprechung und die Mitarbeit aller, die nützliche Informationen über Arrupe geben könnten, „einem Mann, der wirklich in Christus verwurzelt und ganz auf die Sendung ausgerichtet war, und dessen größtes Wunder darin besteht, dass wir heute hier versammelt sind“. Personalnachrichten P. Marc-Stephan Giese hat sein Tertiat in Bolivien beendet. Für eine neue Sendung in der Nah-Ost-Provinz ist er Anfang September nach Beirut aufgebrochen. P. Julian Halbeisen wird nach dem Erwerb des Lizentiats in Kirchenrecht ab Januar 2019 für zwei Jahre eine Praxiszeit im Of- 26 JESUITEN n SEPTEMBER 2018 n DIE WELT – UNSER HAUS Das Team der Jesuitenmission Österreich mit altem und neuen Prokurator: P. Hans Tschiggerl SJ, Katrin Morales, P. Klaus Väthröder SJ, Ann-Kathrin Ott und May Raslan (v.l.). © SJ-Bild

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