Jesuiten 2018-4

Daheim und in der Fremde Die meisten Jesuiten heute leben vermutlich nicht ein so extremes Wanderleben wie Peter Faber, der während weniger Jahre Europa kreuz und quer durchwanderte. Unsere Weise des Vorangehens bringt allerdings oft neue Aufbrüche mit sich, die nicht immer leicht sind. Diese Spannung weist auf eine tiefere Spannung hin, in der jeder Christ lebt: Im Wissen darum, dass unsere Heimat im Himmel ist, wollen wir in Gottes geliebter Schöpfung zu Hause sein. Die Art, wie Faber mit ihr umging, ist mir ein Vorbild. Faber kannte den Wunsch, länger an einem Ort zu verweilen; vielleicht nicht nur um eines nachhaltigeren Apostolates willen. Vermutlich sehnte auch er sich nach der Vertrautheit mit Menschen und einem Ort, nach Ruhe und einem stabilen Rahmen für sein Leben. Doch Faber haderte kaum mit seinen ständigen Aufbrüchen zu neuen Zielen und damit verbundenen Abbrüchen von Projekten. Er sah sich als Teil einer größeren Sendung, an die er sich im Gehorsam gebunden hatte, und war davon überzeugt, dass seine Wanderschaft in dieser Dynamik einen Sinn hat. Der Wanderer Faber inkarnierte sich in der Welt, wie sie war, versuchte sie in der Nachfolge Christi zu verwandeln und so zu Gott mitzunehmen. Er liebte Gottes Schöpfung, litt an der Gewalt, die ihr angetan wurde, und hoffte zugleich, „dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll“ (Röm 8,18). Er war fest verwurzelt in Gott und hatte in ihm und seiner Kirche eine Heimat, die er auf allen seinen Wegen mitnehmen konnte. Faber war immer unterwegs und doch überall zuhause. Das zeigt sich besonders an seinem Gebet auf dem Weg. Die Menschen und Städte, die er besuchte, führten ihn tiefer ins Gebet. Nicht nur seine Freunde, die Heiligen und Schutzengel der Orte und Menschen, waren schon da, bevor er sie sah. Im Gebet eilte er den Begegnungen voraus und ließ sie in seinem Herzen nachklingen, wenn er sich zum nächsten Ziel aufmachte. Faber war ein wandernder Beter, der sich in Gott mit allen verband: mit den politischen und religiösen Verwerfungen seiner Zeit, den Nöten derer, denen er begegnete, die er begleitete oder von denen er nur gehört hatte. Sein Gebet lässt nichts und niemanden aus – auch nicht Menschen anderer Religionen. Der Wanderer Peter Faber ist auf den Straßen Europas unterwegs, um am Heil mitzuwirken. Diese starke Motivation ließ ihn daheim und in der Fremde sein; daheim in der Gewissheit des schon geschenkten Heils, in der Fremde im (Mit-) Leiden mit der geschundenen Kreatur. Dominik Terstriep SJ 10 SCHWERPUNKT JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER

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