Jesuiten 2018-4

Das Charisma des Peter Faber 2018/4 ISSN 1613-3889 Jesuiten

Titelbild: © brytta/iStock Wenn jemand heiliggesprochen ist, verleiht das ihm oder ihr im schlimmsten Fall: Distanz. Auf einmal ist der Mensch, der vormals mitten im Leben stand und seine Zeit prägte, ganz weit weg, entrückt und fast schon unerreichbar. Die Bildredaktion in diesem Heft möchte genau das Gegenteil bewirken: Peter Faber mitten in den Alltag bringen und seine Spuren sichtbar machen. Dann passiert vielleicht das, was man sich von jedem Heiligen, von jeder Heiligen irgendwie wünscht: Ein Treffen im Hier und Jetzt. Ausgabe Dezember/2018 Jesuiten 1 Editorial Schwerpunkt 2 Peter Faber und seine Zeit 4 Ein menschlicher Heiliger 6 Tatort Kommunikation 8 Franziskus’ Blick auf Peter Faber 9 Peter Faber – Schlüssel zu Papst Franziskus 10 Daheim und in der Fremde 11 Lass dich nicht entmutigen! 12 Sehnsucht ordnet das Leben neu 14 Dialog mit Protestanten in Skandinavien 15 Exerzitien im Peter-Faber-Haus in Berlin 16 Neuanfang 18 Mein persöhnliches „Memoriale“ 20 Das „Atrium der Völker“ von Pedro Claver Geistlicher Impuls 22 Brücken bauen! Nachrichten 24 Neues aus dem Jesuitenorden Personalien 28 Jubilare 28 Verstorbene Medien / DVD 29 Wer ist dein Gott? 77 Jesuiten geben eine persönliche Antwort. Vorgestellt 30 Mittagstisch Sankt Michael 33 Die besondere Bitte 34 Autoren dieser Ausgabe 37 Standorte der Jesuiten in Deutschland

EDITORIAL Liebe Leserinnen, liebe Leser, vielleicht kommt Ihnen das bekannt vor: Der Weihnachtstag ist plötzlich da, aber so richtig freuen kann man sich nicht. Aus der geschäftigen Adventszeit ist man eher unsanft hinübergestolpert und im Kopf schwirrt einem alles Mögliche herum, nur keine frommen, „besinnlichen“ Gedanken. Und recht schnell macht sich eine Enttäuschung breit – sollte ich als guter Christ oder gute Christin nicht mehr erfüllt sein, mehr „brennen“ für den menschgewordenen Gott? Am 25. Dezember 1542 beschrieb der Heilige Peter Faber in seinem geistlichen Tagebuch eine ganz ähnliche geistliche Erfahrung, die er am Weihnachtsmorgen gemacht hatte: „In der ersten Messe, als ich mich vor der Kommunion kalt fühlte und betrübt war, dass meine Wohnung nicht besser bereitet sei, da überkam mich ein recht lebendiger Geist, in dem ich mit innerer und inniger Andacht … folgende Antwort vernahm: ‚Das bedeutet, dass Christus in einen Stall kommen will. Wenn du nämlich schon glühend wärest, fändest du jetzt die Menschheit deines Herrn nicht; denn du sähest geistlicherweise viel weniger einem Stall ähnlich.‘ So fand ich meinen Trost im Herrn, der in ein so kaltes Heim zu kommen geruhte.“ Wer war dieser Peter Faber? Dieser unbekannte Heilige, der Gott als einen so nahbaren, menschenfreundlichen Gott erlebte, der uns in seiner Menschwerdung gerade in unserer Unfertigkeit und inneren Unaufgeräumtheit entgegenkommen will? Peter Faber ist eine jener Gestalten der Kirchengeschichte, die über lange Zeit nur einer kleinen Zahl von Experten näher bekannt war. Papst Franziskus hat ihn im Dezember 2013 heiliggesprochen, und das war sicher kein Zufall, denn viel verbindet die beiden. Um nur zwei Aspekte zu nennen: ein Leben aus dem Geist der Exerzitien und die Qualität eines Brückenbauers, der durch geduldige Gespräche und im Gebet verwurzelt tiefe ideologische Gräben zu überwinden versucht. Franziskus hat immer wieder betont, wie stark er von Faber und seinem Charisma geprägt ist. Insofern kann uns Faber durchaus auch ein Schlüssel sein, den gegenwärtigen Papst besser zu verstehen. Ich hoffe, dass Sie bei der Lektüre dieses Heftes einen interessanten Menschen und Jesuiten kennenlernen – als historische Person, aber vor allem als inspirierenden Beter und Gefährten Jesu. Ich bin überzeugt, wir können auch heute noch viel von ihm lernen. In Dankbarkeit für Ihr Interesse, Ihre treue Verbundenheit mit uns Jesuiten und den besten Wünschen zum Weihnachtsfest, Ihr P. Johannes Siebner SJ Johannes Siebner SJ Provinzial 1 JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER

Peter Faber und seine Zeit Er ist nur 40 Jahre alt geworden, der erste Jesuit, der in Deutschland wirkte, und gleichzeitig der erste Jesuiten-„Pater“ über- haupt: Denn im Kreis der sieben Gefährten um Ignatius, die am 15. August 1534 in einer Kapelle auf dem Montmartre bei Paris die ersten Gelübde ablegten, war er der einzige Priester, der während der Messe ihre Gelübde entgegennahm. Savoyarde von Herkunft, hatte er in Paris studiert und dort Ignatius und Franz Xaver kennengelernt. Von 1536 an bis zu seinem frühen Tod wechselten sich die Stationen seines Lebens und Wirkens in rascher Folge ab. Die insgesamt 26 Monate, die er von 1540 bis 1544 mit Unterbrechungen in Deutschland weilte, beginnen nicht mit einer bewussten Sendung in das Kernland der Kirchenspaltung, sondern eher zufällig: In Begleitung des kaiserlichen Gesandten Ortiz, mit dem er eigentlich nach Spanien reisen sollte, verschlägt es ihn zu den Religionsgesprächen in Worms und Regensburg. 1542/43 wirkt er erst in Speyer, dann in Mainz und schließlich – von dem Kartäuserprior Gerhard Kalckbrenner gerufen – in Köln. Nach seinen Stationen in Deutschland durchreiste er Spanien und Portugal, bis er schließlich 1546 den Ruf erhielt, als päpstlicher Theologe am in Trient begonnenen Konzil teilzunehmen. Allerdings starb er zwei Wochen nach seiner Rückkehr in Rom. Die Situation in Deutschland um 154044: Es war die Zeit sowohl vor dem Konzil von Trient wie vor dem Schmalkaldischen Krieg. Die protestantische Front, politisch im Schmalkaldischen Bund und religiös in der Confessio Augustana geeint, hatte an Härte und Geschlossenheit gewonnen; dennoch sind die Grenzen zwischen den „Religionsparteien“ territorial und konfessionell noch in vieler Hinsicht offen. Es ist noch die Zeit der offiziellen „Religionsgespräche“ von Worms und vor allem in Regensburg; die Gegensätze scheinen noch überbrückbar. Die Trennung der Konfessionen, die „Konfessionsbildung“, wie man heute sagt, war noch keineswegs abgeschlossen. Faktisch bedeutete dies jedoch fast durchweg einen eindeutigen Sog zum Luthertum hin, das die größere Dynamik und Faszination entfaltete, während auf katholischer Seite Unsicherheit, Mutlosigkeit und Verzweiflung an der Zukunft der eigenen Sache um sich griffen. Es ist die Zeit der „Religions- gespräche“, die Gegensätze scheinen noch überbrückbar. 2 SCHWERPUNKT JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER

Eine besonders prekäre Situation bestand in Köln. Dass hier einerseits die Rahmenbedingungen besonders günstig waren, ging auch Peter Faber auf: Bürgerschaft, Universität und Domkapitel waren fast geschlossen einig, katholisch zu bleiben. Aber dies geschah gegen den eigenen Kurfürst, den Erzbischof Hermann von Wied. Dieser war noch von der Hoffnung auf eine kirchliche Einigung mit den Protestanten beseelt, aber weder theologisch noch pastoral der Sache gewachsen und zudem vom naiven Glauben an einen „Kölner Sonderweg“ erfüllt. Er hatte auf eigene Faust ein Reform- und theologisches Vermittlungsprogramm entworfen, das jedoch wegen seiner Verschwommenheit auf scharfe Ablehnung stieß. Faktisch wäre es auf die Protestantisierung des Erzstifts und damit des ganzen westfälischen und rheinischen Deutschlands hinausgelaufen. Nach jahrzehntelangem Ringen lautete die Frage: Militärische Lösung oder Dialog? Für Kaiser Karl V., einen Politiker, der in komplexen Zusammenhängen dachte, war dies kein Gegensatz; er wollte vielmehr beides miteinander verzahnen: erst militärische Niederringung des Schmalkaldischen Bundes, dann Religionsgespräche mit dem Angebot akzeptabler Kompromisse und dies auf dem Konzil in Trient. Dieses hatte am 13. Dezember 1545 auf seinen Druck hin begonnen, als klägliches Häuflein von 25 Erzbischöfen und Bischöfen und sechs Ordensgenerälen – und davon sollte die weltgeschichtliche Antwort auf die Reformation ausgehen! Der Kaiser wollte ein Unionskonzil mit den Protestanten. Deshalb musste das Konzil „in deutschen Landen“ stattfinden; Trient war selbständiges Fürstbistum innerhalb des Heiligen Römischen Reiches, noch mehrheitlich deutschsprachig und für alle konsensfähig. Die Rechnung des Kaisers sollte nicht aufgehen, trotz seines späteren Sieges über den Schmalkaldischen Bund; für eine kirchliche Union war es zu spät. Das Konzil von Trient jedoch, zu dem Faber als ausgewiesener Experte für die reformatorischen Theologien und die kirchliche Situation in Deutschland geladen worden war, wurde trotz seines verspäteten und dann noch kläglichen Anfangs zum Angelpunkt einer zwar langwierigen, aber doch auf Dauer durchgreifenden kirchlichen Reform und eines neuen katholischen Selbstbewusstseins. Sein Orden wurde hierfür ein wichtiger Akteur. Klaus Schatz SJ Das Konzil von Trient als Angelpunkt einer Reform. 3 JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER

Ein menschlicher Heiliger „Ich habe dich von der Weide und von der Herde weggeholt, damit du Fürst meines Volkes Israel wirst...“ So lauten die Worte Gottes an David (1 Chr 17,7). Ähnliches könnte auch von Peter Faber gelten. Auch er ist von der Weide weg einen Weg geführt worden, der ihn zu einem der Gründerväter des Jesuitenordens werden ließ. Seine Eltern waren Bauern in Villaret, einem Dorf in Savoyen. Peter zeigte früh ein starkes Verlangen zu lernen, sodass seine Eltern ihn die Schule besuchen ließen. Dort machte er gute Fortschritte, während er – nach seinen eigenen Worten – „zu einem weltlichen Beruf weder taugte noch Neigung verspürte“ (Zitate aus dem geistlichen Tagebuch, dem sog. Memoriale). Er machte ebenso Fortschritte in seiner religiösen Entwicklung. Im Alter von 12 Jahren gelobte er, keusch zu leben. Aber damit waren die Fragen nach seiner Zukunft noch nicht beantwortet, auch nicht, als er auf Vermittlung seines Onkels zum Studium nach Paris kam. Sein Wissensdrang war ungebrochen, aber innerlich war es für ihn eine unruhige Zeit. Er litt unter Skrupeln, die ihn immer wieder denken ließen, er hätte nicht recht gebeichtet. Es bedrängten ihn Vorstellungen „sinnlichen“ (wohl: erotischen) Inhalts, und er schwankte zwischen verschiedenen Möglichkeiten in seiner Berufswahl. Er fühlte sich hin und her gerissen, je nach der augenblicklichen Stimmung. Ein Umschwung in dieser Verwirrtheit bahnte sich an, als Ignatius ins Kolleg St. Barbara einzog und zu seinem Zimmergenossen wurde. Peter sollte ihm bei seinem Studium helfen. Er fasste schnell Vertrauen zu Ignatius, und so wurde dieser sein Lehrer in geistlichen Dingen. Er half ihm, seine Skrupel und sexuellen Phantasien zu verstehen und mit ihnen umzugehen, und er leitete ihn zu einem regelmäßigen geistlichen Leben an. Ignatius und Peter hatten bald nur noch „eine Kammer, einen Tisch und einen Geldsack“ und waren „zuletzt nur noch ein Herz, ein Wollen und eins im festen Vorsatz, jenes Leben zu führen“, das die ersten Jesuiten als ihre Berufung entdeckten. Die Exerzitien, die er schließlich mit großem asketischem Eifer machte, bekräftigten ihn in der Entscheidung, die sich vorher schon angebahnt hatte. Bald darauf empfing er als erster der frühen Gefährten die hl. Weihen. Damit ist eine grundlegende Klärung geschehen, Schwierigkeiten sind damit aber nicht verschwunden. Peter litt auch später unter dem Gefühl, nicht gut genug zu SCHWERPUNKT 4 JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER Er fühlte sich hin- und hergerissen, je nach der augenblicklichen Stimmung.

5 JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER sein und für sein Tun im Himmel nicht die nötige Beachtung finden zu können. Er stellte aber auch fest, dass er aus den Versuchungen und Belästigungen viel Einsicht gewonnen hat. Die Sensibilität, die ihm eigen und zeitweise eine Last war, hat ihm geholfen, andere Menschen zu verstehen. Nach dem Zeugnis eines Gefährten besaß er „eine überaus seltene, von Freude durchströmte Milde und Güte im Umgang mit den Menschen“. Und Ignatius selbst sagt über ihn: „Peter könnte Wasser aus dem Felsen ziehen“, und er verstünde unter den Jesuiten die Exerzitien am besten zu geben. Gerade wegen seiner ausgeprägten Fähigkeit, mit Menschen in Beziehung zu treten, war es für ihn schmerzlich, aufgrund seiner Aufgaben viel unterwegs zu sein und häufig den Ort wechseln zu müssen. Dabei versuchte er von vorneherein, sich im Gebet auf die jeweiligen Menschen und Orte einzustellen. Und ganz zentral galt seine Aufmerksamkeit Jesus Christus, den er – ähnlich wie Maria – in seiner menschlichen Wirklichkeit ausführlich betrachtete. Er lernte, dass geistlich zu leben ein Wachsen ist, und kam dazu, die Gegenwart Gottes weniger im Trost des Gebetes zu suchen als in der „Gnade, in rechter Weise denken, reden und handeln zu können“. Ein eindrucksvolles Bild ist für ihn der umgekehrte Baum, der seine Wurzeln im Himmel hat. In der Verbindung mit diesen Wurzeln werden sich im Handeln auch die erbetenen Früchte einstellen. Josef Thorer SJ © Polarocket/photocase.com

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JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER SCHWERPUNKT 7 Tatort Kommunikation In der Krimi-Serie „Tatort“ gibt es einen Hauptkommissar namens Peter Faber. Dessen Art zu kommunizieren zeigt sich in einer Szene: Der neue Vorgesetzte streckt ihm seine Hand entgegen, er sieht darüber hinweg und bemerkt nur: „Ich habe mir Ihre Personalakten angeguckt und Sie haben mich gegoogelt. Reicht doch!“ - Der heilige Peter Faber ist in seiner Weise zu kommunizieren so ungefähr das Gegenteil davon. Er bevorzugte das einfühlende Gespräch: das Gespräch mit dem Gegenüber, mit Gott im Gebet und mit sich selbst, etwa in der Gewissenserforschung und seinen Tagbuch. Ein großes Gegenüber waren für ihn die Menschen der Reformationszeit, die Lutheraner und die Katholiken. Dabei ist er nie der Sprache des „Grobianismus“ verfallen. Seine Kommunikation kennzeichnet er selbst mit den Worten: „Als Erstes muss, wer den Irrgläubigen unserer Zeit helfen will, zusehen, dass er ihnen viel Liebe entgegenbringt und dass er sie in Wahrheit liebt, indem er seinen Geist von allen Überlegungen frei macht, die der Achtung vor ihnen abträglich sein können. Als Zweites müssen wir ihre Gunst zu gewinnen suchen, dass sie uns lieben und einen guten Platz in ihrem Geist geben. Das geschieht, wenn man sich mit ihnen freundschaftlich über Dinge unterhält, die ihnen und uns gemeinsam sind, und sich vor allen Streitgesprächen hütet, wo einer den anderen herabzusetzen versucht.“ Eine bevorzugte Weise der Kommunikation bestand für ihn darin, einzelne Menschen in Exerzitien zu begleiten, damit sie ganz persönlich in einen Kontakt zu dem Gott kommen, der sich selbst unmittelbar mitteilt. Er hatte die Hoffnung, dass hochgestellte Personen – wie etwa Bischöfe – sozusagen „von oben“ durch ihre Wandlung eine Wendung bringen könnten. Über die Kultivierung der Worte und des Herzens hinaus ist Faber der Überzeugung und praktiziert sie auch, die Ignatius in seiner „Betrachtung, um Liebe zu erlangen“ ausdrückt: „Man soll die Liebe mehr in die Werke als in die Worte legen.“ Die nonverbale Kommunikation, liebevolles Begegnen hat eine eigene Kraft. Über Worte und Taten hinaus übergibt Faber die Menschen dem Wirken Gottes und seines Heiligen Geistes. Niemand „entkommt“ seinem Gebet. Und auch die Heiligen und die Engel spannt er in seinen Gebetskosmos ein, in die universale ReichGottes-Kommunikation, in der „Christus alles und in allen ist“ (Kol 3,11). Willi Lambert SJ © zettberlin/photocase.com

Franziskus’ Blick auf Peter Faber Am 3. Januar 2014 feierte Papst Franziskus das Titularfest des Jesuitenordens in der Kirche Il Gesu. Diese Messe wurde auch zum Dank für die Heiligsprechung von Peter Faber gefeiert, über den Franziskus zu diesem Anlass auch predigte. Peter Faber hatte den aufrichtigen und tiefen Wunsch, „in Gott weit gemacht zu werden“: Er war vollkommen auf Gott ausgerichtet, und deshalb konnte er im Geiste des Gehorsams, häufig auch zu Fuß, überall in Europa hingehen, um mit allen sanftmütig einen Dialog zu führen und das Evangelium zu verkünden .... Er schreibt in seinem Memoriale, dass die erste Regung des Herzens die sein muss, „das zu wünschen, was wesentlich und ursprünglich ist, das heißt, dass der erste Platz dem vollkommenen eifrigen Bemühen eingeräumt wird, Gott unseren Herrn, zu finden“ (Memoriale 63). Faber verspürt den Wunsch, „Christus den Mittelpunkt des Herzens bilden zu lassen“ (Memoriale 68). Nur wenn man in Gott seinen Mittelpunkt hat, ist es möglich, auf die Randgebiete der Welt zuzugehen! Und Faber ist unaufhörlich auch an die geographischen Grenzen gereist, so dass man über ihn sagte: „Anscheinend ist er dazu geboren worden, niemals irgendwo still zu stehen“ (MI, Epistolae I, 362). Faber war verzehrt von dem dringenden Wunsch, den Herrn zu verkünden. Wenn wir nicht dieselbe Sehnsucht haben wie er, dann müssen wir im Gebet innehalten und mit stiller Inbrunst den Herrn auf die Fürsprache unseres Bruders Peter bitten, dass er uns wieder fasziniert: diese Faszination des Herrn, die Peter zu all diesen „Verrücktheiten“ des Apostolats führte. Papst Franziskus 8 SCHWERPUNKT

Peter Faber – Schlüssel zu Papst Franziskus Wie an einer Perlenkette aufgereiht liegen die linksrheinischen Städte Speyer, Mainz und Köln mit ihren prächtigen Domen. Doch als Ignatius von Loyola seinen frühen Gefährten Peter Faber (1506-1546) nach Deutschland entsandte, um dort pastoral zu wirken, war die politischreligiöse Gemengelage alles andere als prächtig. Warum schätzt Papst Franziskus ihn in unserer Zeit so hoch, dass er ihn im ersten Jahr seines Pontifikats zur Ehre der Altäre erhob und ihn am 17. Dezember 2013 heiligsprach? Es hat mit dem Memoriale, dem geistlichen Tagebuch, zu tun, das Peter Faber verfasste, als er um 1543 den Mainzer Kurfürsten beriet, dem jungen Petrus Canisius Exerzitien gab und in Köln das erste Jesuitenhaus gründete. Bald fünfhundert Jahre später starb, fast ebenso jung wie Faber, der vielseitige jesuitische Denker Michel de Certeau (1925 -1986), der das Memoriale in der Mitte des 20. Jahrhunderts neu bekannt machte. Certeaus Interesse an Faber und seiner mystischen Ader teilte auch Pater Bergoglio, der in Argentinien für eine spanische Übersetzung sorgte. Im Tagebuch gibt Faber zu erkennen, was ihn antreibt. So bittet er um die Gnade, „Diener und Helfer Christi des Erlösers zu sein, Christi des Helfers, des Retters, des Heilands, Befreiers, Beschenkers“ (Memoriale 151). Der friedliebende und reformerische Faber wurde für Jorge Mario Bergoglio als Jesuit und als Papst zum humanen und geistlichen Vorbild. Sicher waren es einfache Dinge wie seine Frömmigkeit, seine Disponibilität für Aufgaben zwischen Portugal, Italien und Deutschland, und seine kontextuelle Gebetsweise für die Anderen, ob für Christen, Juden, Türken oder Heiden. Sein Gebet galt den Verantwortungsträgern der Zeit, Papst, Kaiser und Königen; aber auch „Luther, der Sultan, Butzer und Philipp Melanchthon“ zählen dazu (Memoriale 25). Die ganze Ökumene hatte er im Blick, wenn er für die Hauptstädte der gespaltenen Christenheit betet, für Moskau und Konstantinopel (Orthodoxie) und für Wittenberg und Genf (Protestantismus). Neben Gebet und Ökumene arbeitete er an der eigenen Reform und der des Klerus, im Vertrauen auf die Unterscheidung der Geister und die Kraft der Exerzitien. All das hat auch den Papst bewegt, nicht zuletzt das offene mystische Denken Fabers, eine Erfahrung, durch die es ihm vergönnt war, „die Gegenwart Gottes zu erfassen“ (Memoriale 319). Michael Sievernich SJ 9 JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER © Gortincoiel/photocase.com

Daheim und in der Fremde Die meisten Jesuiten heute leben vermutlich nicht ein so extremes Wanderleben wie Peter Faber, der während weniger Jahre Europa kreuz und quer durchwanderte. Unsere Weise des Vorangehens bringt allerdings oft neue Aufbrüche mit sich, die nicht immer leicht sind. Diese Spannung weist auf eine tiefere Spannung hin, in der jeder Christ lebt: Im Wissen darum, dass unsere Heimat im Himmel ist, wollen wir in Gottes geliebter Schöpfung zu Hause sein. Die Art, wie Faber mit ihr umging, ist mir ein Vorbild. Faber kannte den Wunsch, länger an einem Ort zu verweilen; vielleicht nicht nur um eines nachhaltigeren Apostolates willen. Vermutlich sehnte auch er sich nach der Vertrautheit mit Menschen und einem Ort, nach Ruhe und einem stabilen Rahmen für sein Leben. Doch Faber haderte kaum mit seinen ständigen Aufbrüchen zu neuen Zielen und damit verbundenen Abbrüchen von Projekten. Er sah sich als Teil einer größeren Sendung, an die er sich im Gehorsam gebunden hatte, und war davon überzeugt, dass seine Wanderschaft in dieser Dynamik einen Sinn hat. Der Wanderer Faber inkarnierte sich in der Welt, wie sie war, versuchte sie in der Nachfolge Christi zu verwandeln und so zu Gott mitzunehmen. Er liebte Gottes Schöpfung, litt an der Gewalt, die ihr angetan wurde, und hoffte zugleich, „dass die Leiden der gegenwärtigen Zeit nichts bedeuten im Vergleich zu der Herrlichkeit, die an uns offenbar werden soll“ (Röm 8,18). Er war fest verwurzelt in Gott und hatte in ihm und seiner Kirche eine Heimat, die er auf allen seinen Wegen mitnehmen konnte. Faber war immer unterwegs und doch überall zuhause. Das zeigt sich besonders an seinem Gebet auf dem Weg. Die Menschen und Städte, die er besuchte, führten ihn tiefer ins Gebet. Nicht nur seine Freunde, die Heiligen und Schutzengel der Orte und Menschen, waren schon da, bevor er sie sah. Im Gebet eilte er den Begegnungen voraus und ließ sie in seinem Herzen nachklingen, wenn er sich zum nächsten Ziel aufmachte. Faber war ein wandernder Beter, der sich in Gott mit allen verband: mit den politischen und religiösen Verwerfungen seiner Zeit, den Nöten derer, denen er begegnete, die er begleitete oder von denen er nur gehört hatte. Sein Gebet lässt nichts und niemanden aus – auch nicht Menschen anderer Religionen. Der Wanderer Peter Faber ist auf den Straßen Europas unterwegs, um am Heil mitzuwirken. Diese starke Motivation ließ ihn daheim und in der Fremde sein; daheim in der Gewissheit des schon geschenkten Heils, in der Fremde im (Mit-) Leiden mit der geschundenen Kreatur. Dominik Terstriep SJ 10 SCHWERPUNKT JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER

Lass dich nicht entmutigen! Wie Peter Faber hatte auch ich als Kind den Job des Ziegenhirten in meinem Heimatort für einen Sommer erhalten. Wohl das machte mir den Heiligen auf Anhieb sympathisch. Michel de Certeau, Fabers Landsmann und Jesuit, schenkte mir 1962 am Ende einer Begegnung „seinen“ Steckbrief des Heiligen; ich begann, ihn im Verlauf der Inkulturation in den Jesuitenorden kennen und schätzen zu lernen. Als Mitglied der „Gruppe für Ignatianische Spiritualität“ fand ich Zeit und Ermutigung, mich mit den Anfängen des Jesuitenordens zu beschäftigen. Da begegnete ich Peter Faber als einem, der die „Freunde im Herrn“ – so nannte sich die Gruppe um Ignatius von Loyola – stärker prägte, als es gewöhnlich angenommen wurde. 1996 konnte ich viele Mitbrüder, Freundinnen und Freunde der ignatianischen Familie gewinnen, den Heiligen 450 Jahre nach seinem Tod mit Anzeigen in Kirchenzeitungen und in der Alten Kapelle in Regensburg zu feiern. Dort hatte er am 9. Juli 1541 sein Leben in Armut, Keuschheit und Gehorsam der Kirche in der neu gegründeten Gesellschaft Jesu gewidmet. Erst 2013 ging der Wunsch des Hl. Franz von Sales an die Jesuiten in Erfüllung, sie sollten seinen Landsmann, dem er sehr verbunden war, doch nicht im Schatten des Hl. Franz Xaver stehen lassen. Gewiss hat er, der den gealterten Petrus Canisius in Fribourg/Schweiz als geistlichen Begleiter besuchte, Bemerkenswertes über Peter Faber gehört, hatte doch dieser Petrus Canisius 1543 in die Gesellschaft Jesu aufgenommen. In den Augen des Canisius war Peter Faber „einer, der im Gebet bei Gott und seinen Heiligen war und überaus gewinnend mit Menschen umging“. In Peter Faber ist mir einer begegnet, der dem Wirken des Geistes, den der erhöhte Herr vom Vater sendet, in allen Ereignissen seines Lebens auf der Spur ist und sich vom Glauben an den Vollender-Geist im Sinne des Apostolischen Glaubensbekenntnisses leiten lässt. Was damit gemeint ist, soll ein Eintrag seines Geistlichen Tagebuches (Nr. 158) verdeutlichen: „Lass dich nie auf den Aber-Geist ein, nach dem alles ein böses Ende nimmt, alles sich von der dunklen Seite zeigt … Sieh lieber zu, dass du Werkzeug des guten Geistes wirst: Er zeigt dir den Stand, auch den Gang der Dinge, wie er sie wünscht und wie er sie mit deiner Hilfe auf den Weg zu bringen bereit ist.“ Andreas Falkner SJ 11 JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER Sieh zu, dass du Werkzeug des guten Geistes wirst

12 JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER SCHWERPUNKT Sehnsucht ordnet das Leben neu Sehnsucht ist die Vorstellung davon, wie ein erfülltes Leben aussieht. Jeder Mensch kennt dieses innige Verlangen nach einer Person oder einem Zustand, verbunden mit einem schmerzlichen Gefühl, wenn keine Hoffnung da ist, das Ersehnte zu erreichen. Peter Faber war ein Mensch der Sehnsucht. Aus seiner Erfahrung des Wirkens Gottes war er geistlicher Lehrer für viele Menschen in Europa. „Wenn du gegen Gott weitherzig bleibst und er gegen dich, dann wirst du bald sehen, wie sich dir alles andere weit auftut und du für alles andere offen bleibst. Such darum die rechte Andacht … so wirst du leicht das rechte Verhältnis zu deinem Nächsten finden, zum Freund wie zum Feind.“ (Memoriale 143) In diesem spannungsreichen Wachstumsprozess zwischen Gelingen und Unerfülltem, Orientierung und Widersprüchlichkeiten ermutigt uns Peter Faber, uns hineinzubegeben: „Christus verlangt also von uns vor allem diese zwei Dinge: dass wir unseren Geist immer mehr zum Himmel erheben und dass wir in uns einkehren und eindringen, bis wir Gott in uns selbst finden.“ (Memoriale 105) Dies führt nach innen zu unserem Kern. Aus dem eigenen spirituellen Weg weiß ich, wie wichtig es ist, dass die Sehnsucht nicht auf der Strecke bleibt. Denn Intuition und Sehnsucht sind Schlüssel, dass Gott zu uns spricht. Sie wahrzunehmen hilft uns zu ergründen, wer wir sein und was wir tun könnten, auch wenn sich der Mensch oftmals Geheimnis bleibt. Sehnsucht ist ein Weg, wie Gott Menschen führt, z. B. im Hingezogen-Sein zu einem Impuls oder sich Berufen-Fühlen für ein Engagement. Mir ist bewusst: Wir brauchen das Innehalten und Achtsam-Sein, was sich in uns und um uns bewegt, die Ausrichtung auf den „Himmel“, Stille, das begleitende und heilende Gespräch, Wachsamkeit in vielem, um mit dem eigenen Herzen in Verbindung und im Kontakt mit Gott zu sein. Weit- bzw. Großherzigkeit öffnet unseren Verstand. Auf dem Weg zu einer immer größeren Liebe geht es um die Erfahrung und Reflexion, von Gott geliebt zu sein, und darum, Gott zu lieben, mit ihm in Beziehung und Freundschaft zu sein. Das gibt Fundament und Halt. Sehnsucht ordnet das Leben neu und rechnet mit dem Wirken des Heiligen Geistes. Das kann auch bedeuten, freizugeben, was die eigene Seele nicht nährt. Oder die Inspiration, entbrannt zu sein für den lebendigen Gott, der allenthalben geboren wird, gerade in einer Welt, die der Heilung bedarf. Ulrike Gentner © Global_Pics/iStock

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14 JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER SCHWERPUNKT Dialog mit Protestanten in Skandinavien Im Jahre 1544 und im Verlauf der Reformation danach wurden in Schweden u. a. folgende Gebräuche verboten: Pilgerwanderungen, Heiligenverehrung, Messen für Verstorbene, Weihwasser, Wachskerzen, Klosterleben und Gilden. Bis in die 1990er Jahre galten solche Dinge als etwas Fremdes, genauso wie der Katholizismus überhaupt. In den letzten Jahrzenten ist eine Rückkehr katholischer Spiritualität unter evangelischen und freikirchlichen Christen jedoch deutlich spürbar. Es gibt sogar Zentren für Pilgerwanderungen. Reisen in Klöster in Europa werden organisiert und katholische sowie orthodoxe geistliche Literatur wird von vielen geschätzt. Das Interesse an karmelitischer, aber v. a. an ignatianischer Spiritualität ist so groß, dass man von einer Bewegung sprechen muss. Was seine Frömmigkeit und die Gestaltung des Lebens betrifft, ist Peter Faber deshalb ein Vorbild für viele Christen im heutigen Skandinavien, wobei Ignatius natürlich viel bekannter ist. Ist Peter Faber auch ein Vorbild in Bezug auf den Dialog? Auch das trifft zu, besonders wenn wir darunter freundschaftliche Kontakte verstehen. Faber war offen für andere als Freunde, wobei er sich letztlich nur mit wenigen Lutheranern unterhalten hat. Zusammenarbeit und Freundschaft zwischen Katholiken und anderen Christen ist in Skandinavien Alltag geworden. Häufig geschieht das in einer Atmosphäre, die Faber wahrscheinlich begrüßt hätte. In theologischen Auseinandersetzungen ist der Dialog meines Erachtens schwieriger. Das Engagement für ökumenische Gespräche über die tieferen dogmatischen und kirchlichen Fragen ist eher gering. Auch eine Beschäftigung mit soziologischen Aspekten wäre wünschenswert: Was geschieht, wenn einzelne oder eine ganze Gruppe von Mitgliedern aus einer kirchlichen Gemeinschaft eine Spiritualität übernimmt, die woanders herkommt? In Skandinavien ist die katholische Kirche eine Minderheit. Sie macht nur ca. ein Prozent der Bevölkerung aus. Die Dominanz der Mehrheit nicht-katholischer Christen kann für manche frustrierend werden. Dann wendet man sich gerne der Minderheit zu. Manchmal pickt man sich dort die Rosinen heraus. Positiv ist, dass so auch für die kreative katholische Minderheit Türen geöffnet werden. Der ArtosVerlag, der von einem lutherischen Pastor gegründet wurde, hat beispielsweise viel katholische Literatur herausgegeben. Demnächst erscheint Peter Faber: Freund – Wanderer – Mystiker von P. Dominik Terstriep SJ in schwedischer Übersetzung. Fredrik Heiding SJ

Exerzitien im Peter-Faber-Haus in Berlin Seit der Gründung des Peter-Faber-Hauses in Berlin-Kladow werden hier Exerzitien gegeben, zuerst von 1960-70 im Noviziat der ostdeutschen Provinz, direkt an der Grenze zur DDR, später im sog. Tertiat, also der „dritten Probezeit“ für Jesuiten, welche vor den letzten Gelübden noch einmal die 30-tägigen Exerzitien machen. Das Tertiat begann unter der Leitung von P. Zodrow und endete mit P. Vitus Seibel. Auch heute im Altersheim der Jesuiten begleiten P. Seibel, P. Parg, P. Gimbler und ich regelmäßig über das ganze Jahr hindurch Männer und Frauen, katholische und evangelische Christen, auch Ordensleute und Priester in Exerzitien von acht bis 30 Tagen. Zentral ist die Feier der hl. Messe morgens um 8.00 Uhr, meist zusammen mit unseren Mitbrüdern. Die Mahlzeiten wurden von den Exerzitanten in den letzten Jahren im Refektor mit uns eingenommen, wobei sie gesondert an einem Schweigetisch aßen und somit ein Stück Jesuitenalltag erlebten, in dem sie doch einiges von unseren Gesprächen mitbekamen. Täglich kommen sie an dem Bild vor der Kapelle vorbei, wo Peter Faber als erster Priester von seinen Gefährten die ersten Gelübde auf dem Montmartre in Paris entgegennimmt. Ein guter Fürsprecher, der selbst durch die Exerzitien des hl. Ignatius geprägt wurde, vorsichtig herangeführt, wegen seines etwas depressiven Charakters. Später gab Faber besonders in Deutschland vielen hochgestellten Persönlichkeiten die Exerzitien, unter anderem auch Petrus Canisius, der durch ihn in die Gesellschaft Jesu kam. Im Land der Reformation ging es ihm weniger darum, Glaubensstreitigkeiten auszutragen, als sein Leben im Dienst Jesu Christi zu ändern. Auch wenn wir keine Kurse ausschreiben, ist unser Haus vielen bekannt, durch Mund-zu-Mund-Propaganda, durch Empfehlungen z. B. durch den Spiritual am „Germanicum et Hungaricum“ für seine Seminaristen, durch Freunde, die immer wieder kommen, durch unsere Internetpräsenz. Besonders hervorzuheben sind auch unsere Kontakte zu evangelischen Mitchristen, die unser Angebot schätzen und nützen. Die landschaftliche Lage des Hauses am Rande der Großstadt, direkt an der Havel gelegen, umgeben von Wald und anderen Seen, lädt direkt ein, die Gegend zu Fuß oder mit dem Rad zu erkunden und zu genießen, wunderbare Sonnenauf- und -untergänge zu erleben, im Winter auch der Kälte oder dem Schnee zu trotzen. Manche helfen auch gern bei uns im Garten mit, wo es besonders im Sommer und Herbst viel zu tun gibt. Das verdeutlicht den ignatianischen Grundsatz: Gott finden in allen Dingen. Gundikar Hock SJ SCHWERPUNKT 15 JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER

Neuanfang In der Gruppe der Gefährten, aus denen sich die Gesellschaft Jesu entwickeln sollte, kam Peter Faber eine Sonderrolle zu. Er war der einzige Priester und stand der Messe auf dem Montmartre vor, in welcher die Gefährten die Gelübde der Keuschheit, der Armut und der Absicht einer Pilgerfahrt ins Heilige Land ablegten. Durch die Begegnung mit Ignatius und die Erfahrung der Exerzitien hat sich das Leben für Peter Faber grundlegend verändert. Er, der schon fertig ausgebildet war, fing neu an. Das gilt auch für viele Novizen, die heute in den Orden eintreten. Viele von uns haben bereits ein Studium, eine Ausbildung abgeschlossen und beginnen noch einmal von vorne. Auch ich hatte bereits mein Theologiestudium beendet, als ich Jesuit wurde, wodurch sich die ordenstypische Ausbildungsphase deutlich verkürzte. Vielleicht lag ein Grund für die Entscheidung, mich zu einem Aufbaustudium nach Rom zu senden, auch darin, dass ich so eine internationale Ausbildungskommunität kennen lernen konnte. So entdeckte ich eine neue Seite des Ordens. Zunächst war mir nicht ganz klar, was ich an dem neu gegründeten Centro San Pietro Favre der Universität Gregoriana studieren sollte. Als eine Mischung aus Theologie, Spiritualität und Psychologie wurde der Studiengang umschrieben. Um was es dann tatsächlich geht, wurde mir schon am ersten Tag klarer. Wir begannen das Studium mit 46 Studierenden, von denen zwölf Ordensschwestern sind, die anderen Ordensbrüder, Seminaristen und Diözesanpriester. Nie zuvor habe ich in einer so kirchlichen Gruppe studiert – aber auch noch nie in einer so internationalen. Aus allen Kontinenten kamen wir, wobei Australien nur durch einen Maristen vertreten war und wir auch nur drei Europäer waren – ein Italiener, ein Kroate und ich als Deutscher. Die Gruppe verdeutlicht, was das größte Potential und häufig eine Herausforderung des Centro ist: Welche Werte und Ziele sind uns wichtig und wie stark sind diese durch unser kulturelles Umfeld geprägt? Welche Vorstellung haben wir von Kirche und lebendiger Gemeinschaft? Was ist unsere Aufgabe in der heutigen Welt? Diese und ähnliche Fragen haben wir immer wieder diskutiert und so andere Perspektiven kennengelernt. Trotz aller Grenzen der Verständigung konnten wir falsche Selbstverständlichkeiten 16 SCHWERPUNKT JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER Er, der schon fertig ausgebildet war, fing neu an. © zettberlin/photocase.com

und blinde Flecken entdecken, die uns daran hindern, andere zu verstehen. Wir konnten aber auch immer wieder staunen aufgrund der Vielfalt und des Reichtums, den andere Kulturen und jede einzelne Person einbringt. Natürlich gab es immer wieder Dinge an unserem Studium zu kritisieren und nicht selten hat uns die Diskussion über unbefriedigende Lehrveranstaltungen als Gruppe zusammengebracht. Unser Direktor begegnete der Kritik dann mit einer Aussage, die bald zu einer stehenden Wendung wurde: „Das Studium ist nicht perfekt, aber es ist ausreichend gut.“ Diese Formulierung lehnt sich an die eines Psychoanalytikers an, der damit das Verhältnis der Kind-Mutter-Beziehung beschrieb. Eine „ausreichend gute Mutter“ ermöglicht dem Kind, selbstständig zu werden, sich abzugrenzen und eine eigene Persönlichkeit auszubilden. So haben auch wir Studierenden unsere eigenen Haltungen während dieser Zeit hinterfragt und neu gefunden. Nun stehen wieder neue Aufgaben an. Peter Faber ist daher der richtige Patron, nicht nur für das Centro in Rom. So wie für ihn in Paris eine neue Reise begann, die ihn in den kommenden Jahren durch ganz Europa führte, stehen für uns alle immer wieder Neuanfänge an, die uns herausfordern und uns an Grenzen bringen. Gerade dann können wir sagen: Heiliger Peter Faber – bitte für uns! Jörg Nies SJ 17

Mein persönliches „Memoriale“ „Ich war heute Abend im Stau. Im Auto hinter mir war der Fahrer sehr beschäftigt damit ein Selfie zu machen!“ Als mir eine Freundin das erzählte, sind wir beide in schallendes Gelächter ausgebrochen. Am selben Abend habe ich es in mein Tagebuch notiert. Diese Geschichte hat keine große spirituelle Tiefe. Und dennoch bin ich glücklich darüber, sie aufgeschrieben zu haben, ohne mir viele Fragen zu stellen. Wenn ich sie noch einmal lese, ist es so, als könnte ich die wortlos empfundene freundschaftliche Nähe jenes Moments noch einmal erleben. Ich kann sehen, wie Gott sich in dem, was klein und einfach ist, offenbart: in einem mitteilungsfreudigen Lachen und einem Augenblick geteilter Freude. Mein Tagebuch enthält nicht nur Worte und Situationen meines Alltags. Dort stehen auch Gebete und Gedanken, die spontan aus mir hervorsteigen. Oder Sätze, die ich gelesen und die etwas in mir bewegt haben. Nach den Treffen unserer Gebetsgruppe, Exerzitien oder Ausbildungstreffen halte ich oft eine Spur davon in meinem Tagebuch fest. Ich notiere die „Samenkörner“, die gesät wurden. Das ist eine Weise, ihnen eine Erde zu geben, wo sie wachsen können. Seit Längerem trägt mich der einmal notierte Satz: „Gott kann seine Gnade nur im gegenwärtigen Moment schenken, weder davor noch danach.“ Aber verhindert das Tagebuchschreiben nicht gerade, dass man den Moment selbst intensiv erlebt? Wenn man auf Reisen ist, kann man seine Zeit hinter dem Fotoapparat verbringen oder die Reise selbst erleben, ohne irgendeine Spur zurückzubehalten. Aber meines Erachtens ist die ideale Situation die, dass man zur Reise aufbricht und es „zufällig“ einen Fotografen in der Gruppe gibt, der genau die richtigen Fotos im richtigen Moment schießt. Einen Künstler, der sich darauf versteht, Freude, Hoffnung, Zärtlichkeit, die unvorhergesehenen Ereignisse und die Magie der Begegnungen in Bildern festzuhalten. Ich vergleiche mein Leben gern mit einer inneren Reise. Wenn ich Tagebuch schreibe, dann werde ich auf eine gewisse Weise zu jenem Fotografen. Im Nachhinein die Fotos anzuschauen hilft mir, die Reise noch mehr auszukosten, und es leitet mich auch in der Folgezeit. Wenn ich dagegen nichts finde, um es in mein Tagebuch zu schreiben, dann war ich vielleicht zu „beschäftigt“. Am nächsten Tag werde ich aufmerksamer sein. Das Schreiben hilft mir also, den gegenwärtigen Augenblick intensiver zu leben. Dann, wenn man das Leben voll und ganz lebt, sind auch die Fotos am buntesten. Wendy Wagemans 18 SCHWERPUNKT JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER © FemmeCurieuse/photocase.com

Das „Atrium der Völker“ von Pedro Claver Als Peter Faber 1540 nach Deutschland gesandt wurde, konnte er durch sein behutsames Zugehen auf die Protestanten Brücken über so manche Gräben und Streitigkeiten bauen – immer mit dem Ziel, einen neuen Bruch in der Christenheit abzuwenden. Fast hundert Jahre später kam ein anderer Jesuit, Peter Claver, ähnlich schlicht und arm nach Kolumbien, in die Straßen der Stadt Cartagena de Indias. Auch er sah Unrecht und Brüche: Zusammen mit seinen Kollegen wollte dieser Peter die Wunden heilen, unter denen die Sklaven aufgrund von Sklaverei-Unternehmen in kolonialen Strukturen litten. Heute gibt es neue Formen von Sklaverei in unserem Land. Kolumbien ist verwundet von einem Bruderkrieg, in dem es keinen Dialog mehr gab, wie in den Zeiten von Peter Faber. Beleidigungen, Beschuldigungen, Diskriminierung und Ausgrenzung waren an der Tagesordnung wie im alten Kolonialsystem, sodass der Weg zu echter Versöhnung sehr schwer wurde. In der Wallfahrtskirche von San Pedro Claver in Cartagena de Indias versuchen wir deshalb, in der Tradition der beiden Heiligen auf Versöhnung hin zu arbeiten. Unsere Übung könnte man „descongelar la palabra“ nennen: Wir versuchen das eingefrorene Wort „aufzutauen“ und zum Reden einzuladen. Der Ort dafür wird „Atrio de los gentiles“ (Atrium der Völker) genannt. Das „Atrium der Völker“ ist ein Zentrum des offenen Dialogs, ein Ort der Begegnung und der Diskussion. Diese Art eines zeitgenössischen Marktplatzes wurde zu einer großen Bühne, um neu sehen zu lernen, wie wir unsere Stadt und unser Land gestalten wollen. Es wurde vielleicht zum wichtigsten Raum der Stadt für die Diskussion über Fragen der Versöhnung, des Friedens und der Menschenrechte. Sehr unterschiedliche Menschen treffen sich hier vor der Kirche von San Pedro Claver: Katholiken, Geschäftsleute, Gewerkschafter, Menschen in Sozialprogrammen, Passanten, Touristen usw. Manche kommen auf eine besondere Einladung hin. Meinungen und Ansichten werden offen ausgetauscht. Die Perspektive unseres Projektes ist die Achtung der Menschenrechte. Der Einsatz sind die viele kleinen Prozesse, die Menschen verbinden. Wir wollen Cartagena zu einer Stadt der Rech20 SCHWERPUNKT JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER © omossu/shutterstock Kolumbien ist verwundet von einem Bruderkrieg, in dem es keinen Dialog gab.

te machen, ohne Ausgrenzung und Umweltzerstörungen. Die Stille der Angst wird im Atrium entzaubert. Denn hier sprechen wir alle. Die einzelnen Ansichten können manchmal radikal entgegengesetzt sein, werden aber mit Respekt vor den anderen geäußert. Wichtig ist, dass sie die Realität des Landes ausdrücken und uns die Augen öffnen, sodass wir Lösungen suchen können, die manchmal unerwartet sind. Das Recht auf Anteilhabe am öffentlichen Eigentum, das Recht auf Bildung, die Rechte der schwarzen Gemeinden und das unveräußerliche Recht auf Frieden sind nur einige der im Atrium behandelten Fragen. Diskutanten sind Soziologen wie Boaventura de Souza, Schriftsteller wie William Ospina, Intellektuelle, Politiker, Gewerkschaftsführer, der Menschenrechtsverteidiger Javier Giraldo SJ und Pastoren aus verschiedenen Kirchen, die dem Frieden verpflichtet sind. Auch Jugendliche und Künstler afrikanischer Herkunft kommen. Frauen kämpfen hier für ihre Rechte. Die Opfer unseres Bürgerkrieges sprechen. Sogar Papst Franziskus hat seine Stimme hier im Atrium von San Pedro Claver schon erhoben. Wie es auch bei Peter Faber und bei Peter Claver geschah, gibt es natürlich auch Unverständnis. Manche sind nicht bereit, zuzuhören oder andere zu respektieren. Aber nach dem Vorbild unserer Heiligen werden wir unser Werk ruhig weiterführen. Jorge A. Camacho SJ Übersetzt von Stefan Hofmann SJ 21 JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER

Brücken bauen! Brücken bauen – nicht Mauern! Eine verbreitete Devise für unsere Zeit, für eine Welt, die von Spaltungen bedroht ist. Wo ist solches nicht aktueller, wo nicht nötiger als heute? In persönlichen Gesprächen, am Arbeitsplatz, in Verhandlungen. Das Wort, vorerst verstanden im Zusammenhang von persönlichen Beziehungen, lässt uns an den Fall denken, wo jemand einer Gemeinschaft fern geworden ist und wiederaufgenommen werden möchte. Wie ihm dazu helfen, wie ihm eine Brücke bauen? Egal vorerst, wie es dazu kam, was diese Ferne verursacht hat. War es Gleichgültigkeit, dummes Gerede, Überforderung, war es ein Selbst- oder Fremdausschluss? Immer bleibt wahr: Leicht geschieht es, dass man einer Gruppe fern wird oder sich selber verabschiedet. Schwerer ist immer, neu den Anschluss zu finden und zurückzukehren. Leicht der Abschied, schwierig der Neubeginn. Das verlangt eine besondere Anstrengung, eine besondere Kraft. Ein solches Wieder-Anknüpfen wird umso leichter gelingen, als dem Betroffenen Brücken gebaut werden, sei es durch Worte, Blumen, oder andere freundschaftliche Signale, seien es Gesten eines Willkommensgrußes, die einladen, wieder einzulenken und dazuzukommen. Dadurch wird Gelegenheit geschaffen, sich zu erklären oder auch zu entschuldigen, zu sagen, warum etwas falsch gelaufen ist. Brückenbauen hat aber noch einen weiteren Sinn. Es ist nicht bloß hilfreich, um angebrochene Beziehungen wiederherzustellen, fern gewordene Glieder einer Gruppe wieder mitzunehmen. Der Ratschlag ist hilfreich ganz allgemein für Kontakte, für ihren Erhalt und ihre Lebendigkeit. Das ganze Umfeld lebt von Brücken-bauen, in den Anfängen und den Enden, seien es die gedanklichen Brücken von Wohlwollen und Zuneigung, auf denen wir den andern entgegengehen, seien es die Brücken des Gebetes, auf denen wir andere mitnehmen. Immer gilt es, in unserem Innern, positiv und ohne Vorurteile aufeinander zuzugehen, darauf bedacht zu sein, das Gemeinsame zu suchen und zu fördern. Wir legen Teppiche aus - rote natürlich! -, auf denen unsere Partner und Mitarbeiter uns entgegenkommen können, so wie es Paulus im Philipperbrief sagt: „Ich möchte hören, dass ihr in einem Geiste feststeht, einmütig für den Glauben des Evangeli22 JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER GEISTLICHER IMPULS Leicht der Abschied, schwierig der Neubeginn.

ums kämpft… Und es wird meine Freude vollkommen machen, dass ihr eines Sinnes seid, einmütig und einträchtig.“ (Phil 1, 27 - 2,2). Nicht ist gesagt, dass die Philipper einer Meinung sein müssten. Es wäre dies ein irriges Ideal, das nicht realisierbar ist und auch nicht sein muss. Nicht für Menschen und nicht für Gläubige. Gemeint ist die Einheit im Bemühen um das Evangelium, die Konkordanz darin, dass das Reich Gottes uns zuerst im Sinne stehen soll: „Suchet zuerst das Reich Gottes und seine Gerechtigkeit. Alles andere wird euch dazugegeben werden.“ (Mt 6,32). Diese Brücken, wo wir sie als gläubige Menschen bauen, haben ihren Anfang in unserem Herzen. Da, wo wir zu wissen bekommen, dass Gott selber eine Brücke zu uns geschlagen hat, da werden wir selber unsererseits zu Brückenbauern. Wir haben im Kommen Jesu Zugang gefunden zu einer goldenen Brücke, die aus lauter Liebe zu uns gebaut ist und die zu betreten verantwortlich und einladend ist. Wo uns dies innerlich aufgeht, beginnen wir selber Brücken zu bauen, durch Worte und Gebete, mit denen wir Menschen mitnehmen in die große Bewegung der Hoffnung, von der niemand ausgeschlossen werden soll. Hans Schaller SJ ©pkanchana

NACHRICHTEN 24 JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER Neues aus dem Jesuitenorden Provinzial und Bischof stehen zu Pater Wucherpfennig Johannes Siebner SJ, Provinzial der Jesuiten in Deutschland, und der Limburger Bischof, Georg Bätzing, stehen hinter dem gewählten Rektor von Sankt Georgen, Ansgar Wucherpfennig SJ, der seit 2014 das Amt innehat. Bereits Anfang Februar hat die Hochschulkonferenz Wucherpfennig für eine weitere Amtszeit zum Rektor gewählt. Diese Wahl erfordert die Bestätigung der kirchlichen Autoritäten. Sowohl der Bischof von Limburg als auch der Provinzial der Jesuiten haben dieser Wahl zugestimmt. Die noch benötigte römische Unbedenklichkeitserklärung („Nihil obstat“), die die Bildungskongregation zusammen mit der Glaubenskongregation ausstellt, blieb bisher jedoch aus. Hintergrund des ausbleibenden Nihil obstat waren Zweifel der Glaubenskongregation, ob Äußerungen von Pater Wucherpfennig zum Diakonat der Frau und zu Segnungsfeiern von gleichgeschlechtlichen Paaren mit der Lehre der Kirche übereinstimmen. (Beim Druck dieses Heftes lagen keine weiteren Informationen vor.) MHG-Studie: Mertes fordert Konsequenzen Für Klaus Mertes dokumentiert die vorgestellte „Studie über sexuellen Missbrauch an Minderjährigen durch Geistliche im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“ erschütternde Fälle. Die Untersuchung zeige, „dass und wie systematisch Täter vorgehen, so dass auf einen Täter dann weit mehr als nur ein Opfer vorkommt, in manchen Fällen sogar über hundert“, sagte Mertes der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Freiburg. Deutlich werde auch fehlende Reue bei Tätern sowie eine „unterschiedliche Aufklärungsbereitschaft“ der deutschen Diözesen. Zugleich würdigte er die Studie. Der Jesuit sprach sich für weitere Untersuchungen zu „Prozessen des Vertuschens“ aus. Bis heute gebe es Personen, die den Institutionen- und Täterschutz vor den Opferschutz stellten. Er forderte, gegen Machtmissbrauch im „Männerbund Klerus“ vorzugehen: „Ein erster, ganz unkomplizierter Schritt wäre, Frauen zum Diakonat zuzulassen.“ Zukunftswerkstatt SJ auf der Jugendsynode Clemens Blattert SJ hat als Leiter der Zukunftswerkstatt SJ als eingeladener Experte an der Synode teilgenommen. Erst kurz vor Synodenbeginn hat das Generalsekretariat der Synode Blattert berufen, nachdem die Deutsche Bischofskonferenz ihn aufgrund seiner Arbeit in der Zukunftswerkstatt empfohlen hatte mit der Begründung: „Man höre so viel von der Zukunftswerkstatt und Sie scheinen mit

dieser Arbeit einen Nerv bei jungen Menschen zu treffen. Und außerdem trauen wir den Jesuiten.“ Auf dem Instagram-Kanal der Zukunftswerkstatt wurden Follower mit Fotos und Infos versorgt. Dort hat Blattert immer wieder den Usern Fragen gestellt, denn so wollte er die Stimmen der jungen Erwachsenen in die Synodenaula mit einbringen. Zudem hat Clemens Blattert eine Art Blog-Tagebuch geschrieben, das täglich auf www.jesuiten.org veröffentlicht wurde. „Loyola Tranzit“ im Kosovo eröffnet Nach nur fünf Monaten Bauzeit wurde in Prizren/Kosovo das Sozialzentrum „Loyola Tranzit“ mit einem großen Fest eröffnet. Schon in den Tagen zuvor hatten Ashkali- und Albanerkinder gemeinsam den großen Spielplatz in Besitz genommen. Aus Rom war eigens unser Regionalassistent P. Tomasz Kot SJ angereist, die kosovarische Regierung schickte den Bildungsminister, die ehemalige Staatspräsidentin des Kososo vertrat die zahlreichen Stiftungen, die an der Finanzierung des Projekts beteiligt sind, und orthodoxe Mönche aus dem Kloster Deçani bezeugten die religionsverbindende Arbeit im Zentrum. Nach zwei Jahren Provisorium stehen nun auf zweieinhalb Etagen gut 700 qm und ein großes Außengelände für die Fortführung der vielfältigen Aktivitäten zur Verfügung. Ältere Ashkali-Jugendliche aus dem Viertel und Freiwillige aus dem benachbarten Loyola-Gymnasium wirken gemeinsam, um einen zweigruppigen 25 JESUITEN n DEZEMBER 2018 n DAS CHARISMA DES PETER FABER Clemens Blattert SJ (links) mit den deutschen Teilnehmern der Synode: Weihbischof Johannes Wübbe, Thomas Andonie, Kardinal Reinhard Marx, Bischof Stefan Oster und Bischof Felix Genn Papst Franziskus begrüßt Clemens Blattert SJ persönlich. © SJ-Bild © SJ-Bild

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