Jesuiten 2019-4

sie, Wort Gottes an den Menschen, vom Menschen singend zurückgetragen. Ähnliches gilt von der Kunstprosa der lateinischen Hymnen wie der römischen Orationen, aber auch von den Liedern von Huub Oosterhuis. Und wir begegnen der Bildgeschichte von der Antike bis Beuys, von Dürer bis Redon, von Rembrandt und den barocken Kirchen bis zur klassischen Moderne. Stets werden diese sprachlich nachgezeichnet und neu zur Sprache gebracht. Das Unsagbar-Unsägliche und Un- absehbare des Lebens, der Kunst wie des Christentums gewinnt Resonanz, Farbe, Brisanz. Eine wahre Schule der Sinne, der Wahrnehmung, des Taktempfindens. All dies wird vor dem Leser ausgebreitet wie in einem Schatzhaus, das meiste davon, und das war Stock schmerzlich bewusst, ist schon verloren, hat in der heutigen Kirche und Welt wenig zu suchen. Aber er meinte, es als Flaschenpost einer künftigen Zeit zusenden zu müssen und zu dürfen, vom Rande der Kirche aus als Fremdenführer ins Eigene. Wie Hermann Kurzke mit seinem Archiv für Gesangbücher in Mainz oder Navid Kermani mit seinen Büchern ’Gott ist schön‘ und ‚Ungläubiges Staunen‘. Es ist ein Denken, das mich stark beeindruckt, in Glaubenspraxis und Lehre für mich stilbildend wurde. Da gewinnt das Christentum Plastizität, Resonanztiefe und -weite. Es entsteht eine geradezu sinnliche Freude an seinen Inhalten und Vollzügen. Tradition ist nicht mehr Erblast, sondern ermutigende Vielfalt von Entdeckungsmöglichkeiten. Ob von diesen Randgestalten und ihrer Poetik das Lebensdienliche und Liebenswerte des Christlichen neu aufleuchten könnte? Das entspräche meiner Erfahrung und wäre mein Wunsch im Blick auf eine andere Gestalt von Kirche und Theologie. Elmar Salmann OSB © nd3000 iStock.com 7 JESUITEN n DEZEMBER 2019 n THEO:POESIE

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