Jesuiten 2020-3

6 SCHWERPUNKT JESUITEN n SEPTEMBER 2020 n APOKALYPSE „Der rote Knopf ist längst gedrückt!“ Ein Gespräch zwischen Vater und Tochter Clara Reis hat dieses Jahr ihr Abitur gemacht. Sie engagiert sich u.a. bei Fridays for Future und ernährt sich vegan. Ihr Vater Michael Reis ist Psychiatrie-Seelsorger. Beide leben in Landau. Michael: Die entschiedene Art und Weise, wie sich zumindest ein Teil der jungen Generation für eine zukunftsfähige Welt einsetzt, beschämt mich. Das muss ich für mich persönlich zugeben. Dabei standen diese Fragen schon vor zwanzig oder dreißig Jahren im Raum. Aber sie haben keinen zentralen Platz in meinem Leben bekommen. Doch bei allen Reibungsflächen freue ich mich zu sehen, wie du dich und ihr euch einsetzt. Clara: Wenn ich mir die ältere Generation so anschaue, dann werde ich wütend. Es macht mich traurig und frustriert mich, dass die Bequemlichkeit über allem zu stehen scheint. In Bangladesch werden ganze Landstriche überflutet, weil wir hier den Klimawandelt weiter vorantreiben: Immer mehr konsumieren, Auto fahren, Fleisch essen. Da wallt in mir so viel Energie hoch, jetzt gleich etwas zu ändern und auszusteigen. Aber tatsächlich fehlen mir auch Vorbilder aus der älteren Generation: Menschen, die mir zeigen, wie ich jetzt leben sollte. Und ich habe den Eindruck, dass die Älteren im Hamsterrad ihres Alltags gefangen sind: Deine Arbeit, deine Familie – das nimmt schon viele deiner Kapazitäten ein. Und Menschen, bei denen das Einkommen knapper ist, sind da noch mehr belegt mit ihren alltäglichen Sorgen: Da bleibt keine Zeit, neue Wege einzuschlagen. Michael: Ja, mein Leben ist schon voll ohne die großen, globalen Fragen. Drei Kinder und beide Eltern berufstätig. Wie soll da eine Verschiebung der Schwerpunkte möglich sein? Mein Bücherschrank hat dazu einige Anregungen. Aber wie kann ich wirklich relevant auf das Gesamte einwirken? Verweigern ist ja für mich keine Lösung. Bei der Suche nach einer Antwort hat mich Eure Kreativität bei „Fridays for Future“ schon sehr beeindruckt. Clara: Viele junge Menschen, mit denen ich zu tun habe, diskutieren jetzt, auch angesichts von Corona, neue Gesellschaftsmodelle. Da geht’s auch um Kommunismus und Anarchismus. Da gibt’s auch ganz entschiedene Konsumverweigerer. Systemwandel ist ein Teilaspekt von Klimawandel. Da brauchen wir eine

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==