Jesuiten 2021-2

SCHWERPUNKT 21 herkommen, haben es in der Regel nicht mehr. Selbst wenn sie in Bayern aufgewachsen sind. Bei der Suche nach Formen der Vermittlung der Spiritualität des Jesuitenordens kam uns sicherlich entgegen, dass viele junge Menschen für Meditation und Spiritualität ausgesprochen offen sind. Meditiert wird heute nicht nur in Exerzitienhäusern und Klöstern, sondern auch in Yogastudios und in großen Wirtschaftsunternehmen. Allein die Anzahl der Apps, die einen in die Meditation einführen, ist unüberschaubar groß geworden. Vieles ist nicht seriös, und erst langsam beginnt sich die Spreu vom Weizen zu trennen. Umso wichtiger erscheint mir unsere Aufgabe zu sein. Zwei Erfahrungen haben meine eigene Spiritualität dabei besonders geprägt. Zum einen, dass sich Übungen, die ich in einem religiösen Rahmen kennengelernt und dann auch viele Jahre selbst weitergegeben habe, auch außerhalb dieses Rahmens in einer anderen Sprache als der religiösen vermitteln lassen. Nach Gottes Willen zu fragen ist vielen unverständlich; aber danach zu fragen, was ein Leben erfüllt und sinnvoll werden lässt, trifft auf eine Sehnsucht, die viele Menschen haben. Zum anderen, dass sich die Wirkungen der Meditationsübungen für diejenigen, die sich existentiell darauf einlassen, wenig von den Wirkungen der Übungen in religiösem Kontext unterscheiden. Was wächst, ist die innere Freiheit, eine tiefe Bejahung des Lebens und eine Liebe, die immer umfassender wird. Und die Bereitschaft für das, was man liebt, zu leiden. „Es ist gut, in eine Religion hineingeboren zu werden und in ihr aufzuwachsen, aber es ist schlecht in ihr zu sterben“ hat mir ein Jesuit vor vielen Jahren mit auf meinen Weg gegeben. An diesen Satz denke ich oft zurück, weil er mir sehr geholfen hat. Damit wollte er natürlich nicht sagen, dass möglichst viele Menschen im Alter aus der Kirche austreten sollten. Aber so hilfreich eine konkrete Religion mit ihrer eigenen Sprache, ihren Bildern und Symbolen ist, um unser Herz zu formen und unserer Sehnsucht eine Richtung zu geben, so wichtig kann es doch sein, die Bilder als Bilder zu erkennen und immer tiefer in die Realität dessen hineinzuwachsen, was die Bilder bezeichnen wollen. Das gilt selbst für Jesus, von dem es heißt, er sei ein Bild des unsichtbaren Gottes (Kol 1,15) und wer ihn sehe, der sehe den Vater (Joh 14,9). An meiner Liebe ändert das nichts, aber ich ahne, dass sie auf etwas viel Größeres und Umfassenderes zielt. Michael Bordt SJ arbeitet als Professor an der Hochschule für Philosophie und ist Vorstand des Instituts für Philosophie und Leadership.

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