Jesuiten 2022-2

SCHWERPUNKT 17 © Katharina Gebauer se die Einschläge näher, die mit meinem Geburtsjahr zusammenhängen, Freunde, Verwandte, Schicksalsschläge in der Umgebung. Aber ich halte dieses Triptychon Glaube, Liebe, Hoffnung als Lebens- und Überlebenskonzept, so gut es geht, in mir lebendig. Hat die Rolle des Jedermanns in diesem Zusammenhang für Sie eine Bedeutung? Vielleicht im Blick auf Ihr Gottesbild? Der Wechsel von der Angst vor dem Gericht hin zur Erkenntnis und Freiheit in der Gnade Gottes zu stehen? Was z.B. war Ihr Motiv für die Änderung des Endes? Das Ende eines gnädigen Gottes war für Hofmannsthal elementar: Er insistiert darauf, dass man sich das Himmelreich nicht verdienen kann, sondern es geschenkt bekommt – wenn man es schafft, an diese Gnade zu glauben. Unvergesslich ist mir, wie der wunderbare Hans-Michael Rehberg die Szene als Gottvater gespielt hat, in der Jedermann sagt, Gott habe immer nur gestraft: „schlug den Pharao… schlug, schlug, schlug!“: Rehberg lief die Treppen hinunter, pfefferte dem Jedermann eine Mords-Ohrfeige und schrie „Nein! Gab hin den Sohn…“ Ich habe mich allerdings dem Hofmannsthal- schen Prinzip dennoch entgegengestellt, weil ich nicht glauben kann, weder im Irdischen noch in irgendeiner sphärischen Wahrnehmung, dass man irgendetwas geschenkt bekommt, obwohl ich das Prinzip Gnade anerkenne. Die Erkenntnis der Reue und die Erkenntnis, dass der Glaube uns selbst die Entscheidung überlässt, das war unabdingbar für mich. Denn sonst wird das Ende zur pseudoheiligen Worthülse. Und Worthülsen und Affekte haben im letzten Akt nichts mehr verloren. Tobias Moretti studierte Musik an der Universität für Musik und Darstellende Kunst Wien, dann Schauspiel an der OttoFalckenberg-Akademie München und war Ensemblemitglied der Münchner Kammerspiele.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjIwOTIwOQ==