Jesuiten 2022-2

SCHWERPUNKT 2 Auferstehung, eine Frage der Gerechtigkeit Unsterblichkeit oder ewiges Leben? Der Tod ist eine Herausforderung, der es sich zu stellen gilt. Pater Christian Rutishauser begibt sich auf eine Spurensuche zwischen säkularer und christlicher Hoffnung, wo das ewige Leben zu finden ist. Der Tod ist für den Menschen eine Herausforderung. Oft ist er mit Schrecken besetzt. Er ist eine Beleidigung der Liebe. Denn Liebe will Ewigkeit, noch mehr als die Lust, auch wenn Friedrich Nietzsche zurecht ihr Nimmer-satt beschreibt. Alle Jenseitsbilder, die in Mythen und Märchen, in Literatur und in den verschiedenen Religionen ausgemalt werden, entstammen der Sehnsucht nach Unsterblichkeit. Der Mensch sucht nach einer Form des Lebens jenseits des Todes. Auch die Philosophie konnte sich diesem Drang oft nicht entziehen. Wenn auch der Leib nach dem Tod offensichtlich zerfällt, die Seele muss unsterblich sein, argumentierte sie. Wird die Jenseitswelt jedoch ausgemalt, wird das Diesseits über den Tod hinaus projiziert. Himmel und Hölle, Fegefeuer und Paradies werden entworfen. Hoffnungen wie auch Ängste führen den Pinsel. Je diesseitiger die Welt nach dem Tod gemalt wird, desto offensichtlicher stellt sie jedoch eine Verdrängung des Todes dar. Sie ist kindlicher Allmachts- und Unsterblichkeitsfantasie geschuldet. Der natürliche Tod eines alten Menschen nach erfülltem Leben ist eine kleine Herausforderung. Er kann sogar von Krankheit und Gebrechen erlösen. Eine größere Herausforderung ist der Tod eines jungen Menschen. So vieles stand noch offen, war unvollendet. Bei Krankheit oder Unfall bricht das Leben tragisch ab. Am schrecklichsten aber ist der Tod, wenn er durch Bosheit herbeigeführt wird: Krieg und Mord, Verfolgung und Zerstörung, die Menschen in den Tod treiben, lassen zum Himmel schreien. Es darf nicht sein, dass Unrecht und Gewalt das letzte Wort haben. Hätten sie es, wäre dem Nihilismus nicht zu entkommen. Der Glaube an einen guten Gott wäre am Ende. Es spricht für die hebräische Bibel, dass sie sich nicht zu Unsterblichkeitsfantasien hinreißen ließ. Die Israeliten haben schließlich der Hochkultur Ägyptens den Rücken zugekehrt, die den Verstorbenen ganze Palastausstattungen für das Leben im Jenseits in die Totenkammern mitgaben und Pyramiden bauten, die die Unsterblichkeit der mumifizierten Könige zelebrierten. Die Scheol, das biblische Totenreich, war eigentlich kein Lebensraum mehr. Dazu gab es nichts zu sagen, nichts auszumalen. Die Kultur des alten Israel rang vielmehr um das Leben in dieser Welt. Unrecht und Gewalt durften nicht triumphieren, vor allem dann nicht, wenn rechtschaffene und fromme Menschen umgebracht werden. So wuchs in Zeit der Makkabäer Kriege, die viele jüdische Märtyrer hervorbrachte, der Glaube an die Auferstehung. Er entspringt nicht einer Unsterblichkeitssehnsucht, sondern der Logik der Ethik. Gerechtes und tugendhaftes Leben muss stärker sein als boshaftes Morden. Wie soll das geschehen? Wenn Gott aus Freude am Leben schon Welt und All aus dem

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