Jesuiten 2022-4 (Deutschland-Ausgabe)

SCHWERPUNKT Spielt Gott? Gehen wir es anders an: Wenn er Menschen Erheiterung und Entzücken bereitet (Ps 4,8), sollte er selber immer verbissen sein, alle Emotionen unterdrücken, nur ja kein Zeichen von Kindlichkeit oder Schwäche zeigen? Sollte jene spielerische Freude und intime Liebe, von der im Hohenlied die Rede ist, ihm abgehen oder gar fremd sein? „Zieh mich hinter dir! … Beherzt/verzaubert hast du mich … Wende ab deine Augen von mir, sie verwirren mich!“ (Hld 1,4; 4,9; 6,5 …) – dies würde bedeuten, dass, was Menschen als höchste Erfüllung erfahren, ihm fehlte. Gerade kleine Kinder bringen ihre Eltern dazu, mit ihnen zu spielen. So spricht Gott auch von sich: „Doch ich, ich lehrte Ephraim gehen, sie nehmend bei seinen Armen … und ich war ihnen wie einen Säugling an ihre Wangen Hebende“ (Hos 11,3–4). Solches elterliche Tändeln und starke Gefühle klingen auch in Jer 31,20 an; dort fragt sich Gott, ob Ephraim ihm ein „Schoßkind“ sei. Doch bei ihm, dem Schöpfer von allem, nimmt Spielen noch ganz andere Dimensionen an. Wer je von einem Gipfel die Schönheit der Welt betrachtet hat, mit ihrer Vielfalt und Weite und in faszinierender Reichhaltigkeit von Spitzen, Bergketten und Gestalten, dem kann aufgehen, dass hier nicht Metermaß oder Schablonen am Werk waren. In alldem zeigt sich spielerische, kreative Fülle, voller Phantasie und Freude am Bilden. Wenn wir schließlich das Universum ansehen, in dem unser Sonnensystem als ein kleiner Teil der Milchstraße durch viel größere Galaxien in unvorstellbaren Zeiträumen mit atemberaubender Geschwindigkeit wandert und durch die wechselseitige Anziehung Wellenbewegungen vollzieht, man könnte sagen ‚tanzt‘, wird das Staunen grenzenlos vor dem Gott, der dies alles geschaffen hat, als „Werk deiner Finger“ (Ps 8,4), in spielerischer Leichtigkeit. Vor ihm soll deswegen auch die Erde „tanzen“, wie Ps 114,7 auffordert. Von daher erschließt sich das völlig andere Ausmaß des göttlichen Spielens, von dem in Ps 104,26 – das einzige Mal in der hebräischen Bibel – explizit die Rede ist: „… der Leviatan, den du gebildet hast, um mit ihm zu spielen“. Dieses Chaostier, das dem Menschen Schrecken einjagt, ist Spielgefährte Gottes ohne jegliche Bedrohung. Gott ‚spielt‘ sogar mit Menschen, etwa, wenn er bei der Bindung Isaaks Abraham auf die Probe stellt (Gen 22,1) oder dem Satan erlaubt, Besitz und Gesundheit Ijobs zu schädigen (Ijob 1,12; 2,6); dieser klagt Gott dann auch scharf an, seine Macht gegen ihn auszuspielen (z. B. in Ijob 9–10). In beiden Fällen aber führt es – ähnlich wie bei pädagogischen Spielen mit Kindern – zu größerer geistlicher Reife und gereicht zu vermehrtem Segen. Ebenso zeigt Jona 4 in ironischer Weise, wie Gott durch das Wachsen des schattenspendenden Strauches und dessen Verdorren mit seinem Propheten spielt, um ihn zur Einsicht in seine Barmherzigkeit selbst Feinden gegenüber zu bewegen. Gott lässt aber auch mit sich spielen. Wie Abraham in Gen 18,22–33 ihn von 50 auf zehn Beginnen wir mit Gottes Lachen! Selbstverständlich lacht er, wie es schon der Name „Isaak“ (er = d. h. Gott, lacht; Gen 17,19) sagt, und auch über jene, die sich gegen ihn auflehnen wollen (Ps 2,4). Aber spielen? Zeit sinnlos vergeuden, ohne dass etwas dabei ‚herausschaut‘? 2

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