Jesuiten 2023-4 (Deutschland-Ausgabe)

Hätten sie mal besser geplant Auf der Hochzeit zu Kana geht der Wein aus. Dass es nicht der gelagerte Wein ist, der hier zum Lebenselixier wird, sondern etwas ganz anderes, darüber schreibt Schwester Elisabeth Muche sa. „Am dritten Tag fand in Kana in Galiläa eine Hochzeit statt und die Mutter Jesu war dabei. Auch Jesus und seine Jünger waren zur Hochzeit eingeladen. Als der Wein ausging …“ (Joh 2,1–3a). Hätten sie mal besser geplant: präziser gerechnet, mehr Vorräte angelegt oder eben weniger Gäste eingeladen. Die große Party feiern zu wollen und in der Mitte des Festes auf dem Trockenen zu sitzen! Einfach peinlich! Und doch ist das – irgendwie vertraut. Ich ziehe los, denke einmal groß, mache einen Schritt, setze etwas in Bewegung. Und dann geht mir die Puste aus. Leere stellt sich ein, Verzagtheit vielleicht, Trostlosigkeit. Habe ich mich verzockt? Nicht genügend Vorräte angelegt – an Lebenselixier? Die Hochzeit zu Kana bricht mit der Logik eines Lebens als möglichst gut geplantes Projekt. Jesus übernimmt das Ressourcenmanagement auf verstörende Weise und „offenbarte [so] seine Herrlichkeit und seine Jünger glaubten an ihn.“ Gott erfüllt die Menschen scheinbar gerade da, wo ihre Vorratsplanung scheitert. Was heißt das für unsere Beschaffungsmaßnahmen hinsichtlich unseres Lebenselixieres? Dass es nicht im Supermarktregal steht, ist klar. Doch wenn es nichts ist, was ich vorrätig, was ich überhaupt haben kann, kein Wasser, kein Wein, keine Einsicht oder Klarheit, keine Freude, kein Erfolg? Dann steckt das Lebenselixier, meine ich, in der Bewegung, im Sein, im Vertrauen und Werden in Gottes Gegenwart. Diese Erfahrung darf ich in manchen privilegierten Momenten in der geistlichen Begleitung wie auch in der psychotherapeutischen Arbeit mit (jungen) Menschen machen. Sie suchen nach dem, was sie am Leben hält. Und sie finden eine Bewegung voller Risiko, die sie lebendig macht. „Als der Wein ausging …“: Da ist ein Schmerz. Eine Träne. Wut. Angst. Leere. Noch ist es möglich, es zu leugnen. Aber bald werden die ersten davon Notiz nehmen, die Stirn runzeln, die Stimmung wird kippen. Nicht so im Johannesevangelium. Maria bemerkt es – und durch sie Jesus. Diskret schaffen sie einen Raum, in dem Platz ist für das, was ist. In dem wahr sein darf, was eben gerade wahr ist. In dem nichts dramatisiert oder bagatellisiert wird. In dem die Hoffnung im Aussprechen schon mitschwingt. Dieses Wahr-Sein-Lassen-Dürfen, was gerade für mich wahr ist, macht lebendig. „Füllt die Krüge mit Wasser.“ Wozu? Wäre es nicht klüger, das Verteidigungssystem zu aktivieren oder, noch besser, sich aus dem Staub zu machen? „Füllt die Krüge mit Wasser“, damit das Fest weitergeht! Damit das Leben in Bewegung bleibt – und nicht in der Spannung zwischen Flucht und Kampf erstarrt. Sich darauf einzulassen, einen Schritt blind zu gehen, ohne zu wissen, was kommt, das erfordert Vertrauen. Wenn dieses Vertrauen entsteht, ist es kein Selbstzweck und erst recht keine Bedingung – nicht für menschliche Beziehung und ich glaube auch nicht für Gott. Ich erlebe dieses Vertrauen als unverfügbar, eine leise, flüchtige Bewegung, die einen Hunger stillt. Eine Sehnsucht, nicht allein zu sein mit sich in dieser Welt. „Schöpft jetzt.“ Schöpft aus den Krügen, die ihr gefüllt habt! Schöpft aus dem, was da ist! Es wird reichen, nein, mehr als das. Es ist der bestmögliche Wein. Das ist der Moment, 4 SCHWERPUNKT

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