Allgemein

20 März
20. März 2022

Heilsam oder unheilvoll?

Ausgangslage: Licht und Schatten

Die vertiefte Auseinandersetzung mit Grenzverletzungen in Begleitbeziehungen hat eine helle und eine dunkle Spur hinterlassen:
Viel Wahrheit wurde ans Licht gefördert. Endlich wurde unsägliches Leid von Missbrauchsopfern geglaubt und öffentlich gewürdigt. Eine heilsame Verunsicherung erschütterte autoritäre, ausbeuterische Beziehungen und Strukturen. Die Konfrontation mit sexuellem Missbrauch brachte noch mehr Licht ins Dunkel und eine noch tiefersitzende Problematik an den Tag: den geistlichen Machtmissbrauch in geistlicher Begleitung, Seelsorge und Beratung.  

In alldem muss der Weg der Wahrheitssuche weitergehen. Jedes Hintertürchen von Verdrängung, Vertuschung und Halbherzigkeit bei der Aufarbeitung von Missbrauch muss aufgespürt und geschlossen werden. Ethische Bewusstseinsbildung im Blick auf eine heilsame Begleitung von Menschen bleibt unabdingbar. 

Die Aufarbeitung von sexuellem und geistlichem Missbrauch hat jedoch auch eine Schattenspur hinterlassen: Die Fokussierung auf Missbrauch und Prävention drohen zu Übervorsicht, Befangenheit und Ängstlichkeit in der Gestaltung von Begleitbeziehungen zu führen. Es besteht die Tendenz, Nähe einseitig unter der Perspektive von Gefährdung wahrzunehmen. So gerät zweierlei aus dem Blick: Verantwortungsvoll gestaltete Nähe ist das A und O einer vertrauensvollen und wachstumsfördernden Begleitbeziehung. Weiter wird übersehen, dass es auch eine unheilvolle Distanz gibt. Missbräuchlich eingesetzte emotionale oder geistliche Distanz kann - ob gewollt oder ungewollt – einen Begleitprozess ebenso beeinträchtigen, wie grenzverletzende Nähe. Beide Dimensionen, Nähe wie Distanz, bedürfen der verantwortungsbewussten Gestaltung.  

Die Tagung sondiert praxisnahe Wege, wie in der Begleitung von Menschen Wachstum gefördert und Engführungen durch Übervorsicht vermieden werden können. Dabei bezieht sie die „externe“ Perspektive der personzentrierten Psychotherapie ein, von welcher wichtige Impulse für Begleitprozesse ausgehen. 

Ziel

Die Tagung will den Teilnehmenden auf dem Hintergrund der Aufarbeitung von sexuellem und geistlichem Missbrauch einen Lernraum bieten, wie sie in ihrer Begleitpraxis verantwortet, selbstreflektiert und angstfrei mit Nähe und Distanz umgehen können. Nach einer hinführenden Begriffsklärung fragt die Tagung in einem ersten Schritt nach dem heilsamen Gebrauch von Nähe und Distanz. Dabei baut sie auf Erkenntnissen der personzentrierten Psychotherapie auf. Auf diesem Hintergrund wendet sie sich den entsprechenden Gefährdungen in Begleitbeziehungen zu. Am letzten Halbtag sollen Orientierungen und Konsequenzen für die Praxis bedacht werden. 

Zielgruppe

- Geistliche Begleiter*innen
- Personen, die in der Seelsorge tätig sind
- Personen, die in Beratung und Psychotherapie tätig sind

Methoden

- Referate
- Selbstreflexion und Selbsterfahrung
- Austausch in gleichbleibenden Kleingruppen
- Praktische Übungen
- Fallbeispiele
- Kollegiale Supervision
- Meditation und Gebet

Referent*innen

- Prof. Dr. Katharina Anna Fuchs: Dipl.-Psychologin, assoz. Professorin am Institut für Psychologie der Päpstl. Universität Gregoriana, Spezialistin in der Prävention von sexuellem und geistlichem Missbrauch, Rom
- Michael Gutberlet-Kälin: Diplom-Psychologie, personzentrierter Psychotherapeut. Ausbildner und Supervisor in der pcaSuisse  (ehemals pca.acp), Richterswil ZH
- Dr. Wunibald Müller: Autor, Theologe und Psychotherapeut. Bis 2016 Leiter des Recollectio-Hauses der Abtei Münsterschwarzach, Würzburg
- Dr. Hannah A. Schulz: Systemische Supervision, Coaching, Therapie. Referentin für Prävention und Behandlung geistlichen Missbrauchs, Bensberg bei Köln (www.sinnvoll-supervision.de)

Leitung

- Bruno Brantschen SJ, Theologe, M.A. Pastoral Counseling, Leiter Bereich Exerzitien und geistliche Begleitung, Lassalle-Haus Bad Schönbrunn
- Charlotte Pauli, M.A. Spiritual Theology, geistliche Begleiterin und Exerzitienleiterin, Psychotherapeutin, Dr. med., Bern

Weitere Informationen und Anmeldung

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