• Statue des heiligen Ignatius in Barcelona, er gründete die Gesellschaft Jesu...
  • ...und schuf die Grundlagen für die Spiritualität der Jesuiten
  • Jesuit Hermann Kügler bringt die ignatianische Spiritualität auf den Punkt
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Kämpfen – Scheitern – Lieben: die ignatianische Spiritualität

Von Hermann Kügler SJ

Was sind Grundvollzüge ignatianischer Spiritualität? Ich denke an Menschen, die mitten im Leben stehen und versuchen, ihren Alltag von der ignatianischen Spiritualität prägen zu lassen, oft in einem völlig säkularen Umfeld. Mir scheint als Kurzfassung hilfreich: Ignatianische Spiritualität ist bestimmt durch Kämpfen – Scheitern – Lieben. Denn wer damit sein Leben gestaltet, wird

  • für die Werte des Evangeliums kämpfen,
  • dem persönlichen Scheitern nicht ausweichen und
  • Gott, seine Mitmenschen und sich selbst von Herzen lieben.

Kämpfen:

Wer sein Leben einigermaßen geordnet hat („Was ist mir besonders wichtig, wovon will oder muss ich mich verabschieden, was möchte ich positiv in meinem Leben anfangen?“), will seine Berufung suchen und finden. Dafür ist er oder sie bereit, die eigene Komfortzone zu verlassen.

Die Hilfe, die die ignatianische Spiritualität dabei bietet, hat zweifellos ein kämpferisches Moment. Sie zielt auf den positiven Einsatz richtiger Mittel für Freiheit, Frieden, ein besseres Leben oder die gute und gerechte Sache. Es reicht nicht, Herausforderungen nur distanziert zu analysieren und sich dann zufrieden zu geben nach dem Motto: „gut, dass wir darüber geredet haben“, sondern die Reflexion wird zum Handeln führen: „Es gibt viel zu tun, packen wir‘s an!“ Ich bin sehr davon überzeugt, dass diese Grundidee nicht nur für uns Jesuiten gilt, sondern für alle, die ihr Leben und ihren Alltag mit der Ignatianischen Spiritualität gestalten wollen.

Scheitern:

Wenn ich mich für die engagiere, die keine Stimme haben, wird es sich nicht vermeiden lassen, dass ich auf massiven Widerstand derer stoße, die das nicht wollen, und dass ich bei allem guten Willen und allem durchdachten Engagement persönlich scheitern kann. Das Scheitern suche ich nicht, aber ich weiche ihm auch nicht aus. Die Spannung zwischen Kämpfen und Scheitern gibt es bereits im Leben Jesu. Als dessen Bilanz bleibt, dass er – mit irdischen Augen betrachtet – am Ende gescheitert ist. Er wird ungerecht behandelt und verspottet, seine Jünger verlassen ihn. Petrus leugnet, ihn zu kennen.

Ignatius ermutigt dazu, Gott zu suchen und zu finden in allen Lebenssituationen: in Gesundheit und in Krankheit, in Reichtum und in Armut, in Ehre und in Schmach, in einem langen Leben und in einem kurzen. Damit verschiebt sich die Frage nach der Bedeutung des irdischen Scheiterns. Sie ist nicht mehr zentral. Das bedeutet nicht, dass sie einen Menschen nicht gehörig umtreiben kann. Doch in erster Linie geht es darum, mit Gott verbunden zu bleiben. Wer am Ende seines Lebens – menschlich betrachtet – „nichts“ vorzuweisen hat, ist deswegen von Gott nicht ferner als ein anderer, der für das Reich Gottes Bedeutendes und Wichtiges beigetragen hat.

Lieben:

Wie lebt ein Christenmensch Selbst-Liebe, Nächsten-Liebe und Gottes-Liebe und wie gestaltet er diese drei „Liebesbeziehungen“? Vermutlich wird er oder sie sich an der Person Jesu ausrichten. Jesus war fähig zu tiefen Gefühlen und drückte sie differenziert und situationsentsprechend aus. Für ihn gab es auch keinen Widerspruch zwischen der Liebe zu Menschen und der Liebe zu Gott. „Du sollst den Herrn, deinen Gott, lieben mit ganzem Herzen, mit ganzer Seele und mit all deinen Gedanken … du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“, sagt er seinen Jüngern: Gottes- und Nächstenliebe durchdringen sich und interpretieren sich gegenseitig.

Jesus ist – nicht nur, aber auch – ein zärtlicher Mann, der ein Herz für seine Mitmenschen hat. Sein Umgang zeigt, dass Gott den Menschen zärtlich-liebevoll zugetan ist. Das ist die Grundidee der in der katholischen Tradition und besonders von den Jesuiten gepflegten Herz-Jesu-Frömmigkeit. Gewiss ist es im Berufsleben bisweilen notwendig, Menschen nach Leistung und auch nach Nützlichkeit zu beurteilen. Aber in echten menschlichen Begegnungen sind das keine Kategorien.

…und zum Schluss:

Das Bild, das Ignatius für ein Leben in der Nachfolge Jesu am häufigsten verwendet, ist das des „Arbeiters im Weinberg des Herrn“. So sieht er sich in seiner römischen Zeit: nicht mehr als Pilger oder Soldat, sondern als Arbeiter im Weinberg. Durch die Schule der Exerzitien ist er dahin gelangt; und er sucht Mitarbeiter*innen für die Arbeit im „Weinberg des Herrn“. Geformt durch die Erfahrung der Exerzitien sollen sie dabei mitmachen in einem von Liebe getragenen Handeln, kämpferisch, und das Scheitern sicher nicht suchen, aber ihm auch nicht ausweichen, wenn es „für Gott und um der Menschen willen“ so sein muss.
 

Tipp: Lesen Sie auch die Predigt von P. Martin Löwenstein SJ zum Ignatiusbild von Montserrat Gudiol (1991)

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