Was für eine Ferkelei

Unter dem Motto "Gott in allen Dingen finden" schreibt P. Georg Maria Roers SJ jeden Adventssonntag inspiriert von seinem Alltag einen spirituellen Impuls, um abseits des vorweihnachtlichen Trubels einmal kurz innezuhalten.Am 4. Advent geht es um das Thema Was für eine Ferkelei?

Vier Ferkel zum vierten Advent? Wenn sie aus Marzipan wären, ja dann wäre es ja in Ordnung. Vielleicht ein bisschen viel davon, aber das passt ja in diese Zeit. Von allem – alles zu viel. Die Ökobauern freuen sich besonders, wenn wir hier vier Schweinchen in freier Natur zeigen. Machen die Ferkel uns nicht gerade deshalb glücklich, weil zwei in die eine und zwei in die andere Richtung laufen? Auch die Flecken auf ihrem Fell sind alle so schön unterschiedlich. Die Tiere können frei herumlaufen und tun und lassen was sie wollen. Ich habe ein ganz positives Verhältnis zu diesen Ferkeln. Sie dürfen sogar ungestraft im Dreck wühlen. Schweine kommen selten so positiv weg wie in der Serie Schweinchen Dick – Anfang der 70er Jahre. Das ZDF war mutig, obwohl es in der Serie auch heftigere Szenen gab. Waren wir deshalb Glückskinder?

Zu jedem der vier Ferkel fällt mir eine Geschichte ein.

Was reimt sich auf Wein? Schwein! Der Liedermacher Reinhard Mey hat vor fünf Jahren ein Lied auf den Wein geschrieben. Er nennt ihn „Alter Freund“. Und in der letzten Strophe heißt es: Ich kenn' die Kraft, die in dir ruht, / Die Gutes und die Böses tut. / Wer dich in Demut ehren kann,  / Bleibt trunken auch ein Edelmann. / Du weckst ja nur, was in uns steckt / Und wen der Wein zum Schwein erweckt, / Der war gewiss auch nüchtern schon ein Schwein ...

Meist kommt das Schwein also nicht so gut weg, während ein Edelmann auch noch völlig besoffen ein Edelmann bleibt. Das Schwein wird manchmal sogar zur Wohnstatt des Bösen. Als Jesus einen Besessenen heilen will, bitten die bösen Geister ihn plötzlich ganz kleinlaut: „Schick uns in die Schweine!“ Und als Jesus es ihnen erlaubte, fuhren sie in eine Schweineherde von etwa 2000 Tieren. Diese stürzten von einem Abhang in einen See und ertranken (Markus 5, 1-10).

Glücksschweine kenne ich vor allem als ein knallrotes Sparschwein der Sparkasse, dass wir als Kinder irgendwann zerschlagen mussten, um ans Kleingeld zu kommen? Eine perfide Taktik der Geldwirtschaft, die insinuiert: „Ans Geld kommst du nur, wenn du jemanden schlachtest. Und sei es nur ein armes Schwein.“ Die paar Groschen und Pfennige, die da zusammen kamen ... Lohnt es sich eigentlich, dafür ein schönes rotes Schwein aus Porzellan zu zerschlagen?

Vor einigen Jahren fand Berlin eine Kunstaktion statt. Von einer Galerie aus wurde eine SAU durchs Dorf getrieben bis zum KaDeWe. Diese war ausgestopft mit künstlichen Geldscheinen und der Künstler hatte die Idee, man solle damit regelrechte Prozessionen machen. Währenddessen wurden Geldscheine in die Luft geworfen. Obwohl jeder sah, dass sie nicht echt waren, stürzten sich die Leute aufs Geld. Offenbar gehen unsere niederen Instinkte schneller mit uns durch als wir glauben. Aber der Konsumrausch im Advent hat sich mittlerweile ja schon gelegt.

Was bleibt nach dem Kaufrausch im Advent vom Christentum übrig? Auf der ersten Versammlung der Apostel und der Ältesten der ersten christlichen Gemeinde wurde definiert, was das unterscheidend Christliche ist. Man kann es in der Apostelgeschichte (Apg 15) nachlesen. Mit den Juden glauben wir an den einen Gott, der allmächtig ist und zugleich barmherzig. Was den ersten Christen aber fremd ist, sind die vielen verschiedenen Vorschriften im Judentum, die auch Jesus teilweise kritisiert, wenn er sagt: „Der Sabbat wurde für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Sabbat. Deshalb ist der Menschensohn Herr auch über den Sabbat“ (Mk 2, 27f.). Den Heiden, die sich zu Gott bekehren, sollen keine Lasten aufgebürdet werden (Apg 15,28ff.). Das wurde im Namen des Heiligen Geistes auf der ersten kirchlichen Synode beschlossen. Christen dürfen zum Besipiel u.a. Schweinefleisch essen, während es im Islam und im Judentum verboten ist. Wie wir Christen zu unserem Namen gekommen sind, hat übrigens auch damit zu tun, was wir essen dürfen und was nicht.

Autor:

Georg Maria Roers SJ

Pater Georg Maria Roers SJ ist Beauftragter für die Bereiche Kunst und Kultur im Erzbistum Berlin. Aufgewachsen ist er am Niederrhein. Sein Lehrer auf dem katholischen Internat Gaesdonck war der Künstler und Kunstsammler Franz Joseph van der Grinten, ein Freund von Joseph Beuys. Ein anderer Lehrer begeisterte ihn im Leistungskurs Theologie für Ignatius von Loyola, den Begründer des Jesuitenordens. „Sich aus der Welt zurückziehen, in einen Dialog mit Gott treten, das Leben Jesu nehmen und das eigene Leben danebenlegen“, das habe ihn fasziniert. Nach dem Abitur tritt er in den Orden ein und studiert Theologie, Philosophie, Kunstwissenschaft. Seine Abschlussarbeit schreibt er über die „Ästhetik des Heiligen“. Bevor er 2013 nach Berlin kam, arbeitete er zehn Jahre als Künstlerseelsorger in München.

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