• Foto: www.nightfever.org
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  • Clemens Kascholke SJ
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Advent … Gott fängt neu an, auch mit mir!

Seit einigen Wochen ist schon wieder weihnachtliche Stimmung – zumindest strömt sie schon jetzt von den Supermärkten und Verkaufsständen aus. Dabei ist ja noch nicht einmal Advent, jene vier Wochen vor dem eigentlichen Weihnachtsfest. Doch wenn man ihn nicht bewusst begeht, dann geht der Advent schnell unter.

In der Kirche steht der Advent am Anfang eines neuen Jahreslaufs durch das Kirchenjahr. Augenfällig tritt dabei das Violett als gottesdienstliche Farbe auf und erinnert, dass wie vor Ostern zunächst eine Vorbereitungszeit – eine Fastenzeit – vor dem großen Fest steht. An Weihnachten werden wir feiern, dass Gott neu mit dieser Welt angefangen hat, indem er in Jesus von Nazareth selbst Mensch geworden ist. Ja, wir feiern jedes Jahr neu, dass Gott neu anfängt – und zwar mit mir.

Als Christen dürfen wir glauben, dass Gott uns, jeden Einzelnen und jede Einzelne mit großer Leidenschaft sucht, weil ihm als liebender Schöpfer seine Ebenbilder nicht egal sind, weil er mit ihnen in Beziehung stehen will. Meine eigene Erfahrung zeigt, dass ich oft in meinem Alltag höchstens mit einem Bruchteil jener Leidenschaft Gott suche, um ihn in mein Leben hineinzulassen. Oft ist der Grund: Ich muss mich dann seinem Blick, der die hellen und die dunklen Seiten meines Lebens berührt, offenlegen. Das ist unangenehm.

Vier Schritte des Neuanfangs

Wenn ich selber nach dem Sakrament der Versöhnung suche oder wenn ich als Hörender durch das Gespräch führe, dann gehe ich vier Schritte des Neufangs mit mir und den Menschen vor Gott. Zunächst schaue ich auf das, wofür ich zur Zeit dankbar bin in meinem Leben – sei es eine Kleinigkeit oder auch in einer größeren Perspektive. Im zweiten Schritt blicke auf die Situationen in meinem Leben, die ich als Not erlebe – was ich mir anders wünschte, aber keine eigene Kraft zur Veränderung habe; was mir eine Last geworden ist, die mein Leben klein hält. Daraufhin nähere ich mich meiner eigenen Schuld an – jene Momente, in denen ich zur Last für andere oder auch mir selbst geworden bin, in denen ich ihr oder mein Leben klein gehalten habe. Abschließend stelle ich mich auf den Neuanfang, den Schritt aus den bisherigen Bahnen heraus, ein: Welche Sehnsucht treibt mich an? Für welche Veränderung bitte ich um Gottes Beistand, dass es mir gelingen möge, mit ihm, mit den Menschen meines Lebens und mir selbst neu anzufangen?

Gelegenheiten suchen

Im Advent bieten viele Gemeinden gesonderte Beichtzeiten an. Aber ich selbst weiß, dass der Schritt in den Beichtstuhl mit komischen Gefühlen verbunden ist. So finden sich auch immer mehr Angebote zum ausdrücklichen (Beicht-)Gespräch in meinem dafür vorgesehenen Raum, der eine größere Weite als ein Beichtstuhl bietet. In zahlreichen Städten gibt es auch Angebote wie Nightfever, das gerade auf junge Menschen ausgerichtet ist. Meist über mehrere Stunden ist eine der zentralen Kirchen geöffnet, um nach einer Eucharistiefeier vor dem Allerheiligsten, der gewandelten Hostie, die die Gegenwart Jesu Christi in besonderer Weise anschaulich werden lässt, zu verweilen. Jeder und jede ist eingeladen in persönlichen Bitten eine Kerze an den Altar zu stellen, um sie so Gott anzuvertrauen. Ein Chor und eine Band trägt die Stille durch meditative Gesänge über die ganze Zeit hinweg. Während dieser Stunden stehen mehrere Priester für ein geistliches Gespräch zur Verfügung, das auch in das Sakrament der Versöhnung münden kann.

In den letzten Jahren ist mir wichtig und hilfreich geworden, dass ich selbst regelmäßig und konsequent das Sakrament der Versöhnung empfange – gerade auch weil ich als Priester nun die Seiten gewechselt habe und selbst Beichthörender geworden bin. Es lässt mich mir selbst und anderen gegenüber demütiger und barmherziger werden, weil Gott mich an seine Treue zu mir und jedem Menschen erinnert, die er niemals aufkündigen wird. So verstehe ich meinen Dienst des Beichthörens vor allem als Zeugnis, dass Gott neu anfängt, mit mir und jedem Menschen.

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