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Soul-Surfen – Das Leben in Fülle spüren

Die Zutaten für Esther Göbels Lebenselixier sind Salzwasser, Wind, Sonne, Adrenalin und eine Prise Neoprengeruch. Die Theologin, Surflehrerin und „Soul-Surferin“ hat eine eigene Surf-Spiritualität entwickelt. „Surf & Soul ist meine Berufung“ – Was Surfen mit Spiritualität zu tun hat, beschreibt Esther Göbel sehr anschaulich in ihrem Artikel im aktuellen Jesuiten-Magazin.

Ein Elixier ist eine Art Zaubertrank aus Heilpflanzen, mit der Alchimisten versuchten, Krankheiten zu heilen oder gar das Leben zu verlängern. Bestimmten Substanzen wurden magische Eigenschaften zugeschrieben. Gefragt nach meinem Lebenselixier — dem Windsurfen — würde ich als Zutaten Salzwasser, Wind, Sonne, Adrenalin und eine Prise Neoprengeruch nennen.

Nun lässt sich das Surfen nicht in einen magischen Schluck Zaubertrank mit belebender Wirkung packen. Schade eigentlich, denn das wäre eine Art Vitamin-See-Kur, um gut durch den Winter zu kommen. Es geht hier also nun im übertragenen Sinn um die Aspekte, die mich beim Surfen das Leben in Fülle spüren lassen und mir Kraft und neue Energie geben.

Die Einsicht, dass es Dinge gibt, „die die Seele sättigen“, und solche, die vielleicht zunächst guttun, sie dann aber doch unbefriedigt zurücklassen, führte Ignatius zur sogenannten Unterscheidung der Geister. Windsurfen sättigt meine Seele in einzigartiger Weise: Das Geräusch von Wasser und Wellen im Ohr, Salz auf der Haut und Wind im Gesicht zu spüren, lösen einen inneren Erholungsmodus aus. Bei zunehmendem Druck im Segel und steigender Geschwindigkeit entsteht ein einzigartiges Freiheitsgefühl, das mit Fliegen assoziiert ist.

Am Ende einer Session bin ich zwar oft körperlich so erschöpft, dass ich kaum noch Brett und Segel aus dem Wasser bekomme, aber zugleich meistens völlig „mindblown“, also überwältigt. Der Adrenalin- Rausch geht in geistige Zufriedenheit und körperliche Entspannung über. Ich steige dann trotz Erschöpfung glücklich und wie neu geboren aus dem Mee(h)r der Möglichkeiten.

Denn: Körperliche Betätigung verändert nicht nur physisch, sie bewegt auch etwas in Kopf und Herz. Es ist wie bei einem Mobile: Wer sich körperlich bewegt, kommt auch geistig und seelisch in Bewegung. Und selbst wenn der Wind mal nicht mitspielen will, Termine mich an Land halten oder es auf dem Wasser nicht so gut läuft — allein die Gedanken ans Gleiten übers Wasser, das wahrlich erhebende Gefühl eines Wasserstarts oder die erregende Spannung des schmalen Grads zwischen Geschwindigkeitsrauch und Sturz sind wie Balsam für meine Seele. Schon die Imagination vermag, mich emotional in Balance zu bringen und mir ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern.

Beim Surfen scheint es etwas zu geben, das öfter als bei anderen Sportarten zu selbsttranszendenten Zuständen führt. Zu dieser Selbsttranszendenz gehören eine transpersonale Identifikation, ein mystisches Erleben sowie ein Zustand der Selbstvergessenheit. Ich fühle mich eins mit Wind, Wasser und Wellen.

Als kleiner Teil dieser großen Naturgewalten (transpersonale Identifikation) erlebe ich Gottes Präsenz und spüre Dankbarkeit für so viel gute Schöpfung (mystisches Erleben) und denke beim Surfen über nichts anderes nach, bin ganz bei der Sache und voll in meinem Element (Selbstvergessenheit). Selbstvergessenheit ist eine Form der höchsten Konzentration und Fokussierung, bei der alles andere in den Hintergrund tritt oder eben vergessen wird („Flow“).

Ich bin eine Soulsurferin. So bezeichnen sich Menschen, für die das Surfen mehr ist als ein Sport. Für sie ist das Surfen auch innere Haltung und hat Bedeutung für die eigene Lebensgestaltung. Ich bin Theologin und Windsurflehrerin und habe mit der Zeit eine ganz eigene Surf-Spiritualität entwickelt. Surf&Soul ist meine Berufung. Hier verbinden sich für mich Leidenschaft, Profession und Sendungsauftrag.

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